Knochenfinder – Leseprobe

Prolog

Als er aufwachte, hatte er das unbestimmte Gefühl, dass etwas Furchtbares mit ihm geschehen war.
Er schlug die Augen auf: Um ihn herum war nichts als Schwärze. Einen schrecklich langen Moment glaubte er, auf einmal blind geworden zu sein. Er warf den Kopf hin und her in der verzweifelten Hoffnung, irgendwo in der Düsternis einen winzigen Lichtstrahl zu erhaschen. Während er sich bewegte, spürte er, dass er an Händen und Füßen gefesselt war. Wenn er doch bloß etwas sehen könnte – nur irgendetwas. Doch alles blieb schwarz.
Die Finsternis schien ihn nach unten zu drücken, und er spürte nun deutlich, dass er auf felsigem Boden lag. Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit, und er konnte graue Schatten erkennen, kantige Umrisse. Er zitterte. Die verschwitzten Kleidungsstücke klebten an seinem Körper, gleichzeitig war es in seinem Gefängnis schrecklich kalt. Die Feuchtigkeit des Untergrundes drang durch den Stoff, vermischte sich mit dem eisigen Schweiß seiner Angst. Gegen die Kälte half auch die Decke nicht, die jemand über ihn gelegt hatte. Sie war weich und roch nach Weichspüler, wirkte jedoch in dieser großen Leere seltsam fehl am Platze.
So wie er.
Irgendwo hinter ihm tropfte es. Immer wieder, in zermürbender Gleichmäßigkeit. Einige Male versuchte er, die Tropfen zu zählen, als könne er auf diese Weise seine Situation kontrollieren.
Doch es gab keine Kontrolle.
Er versuchte, nach Hilfe zu rufen. Aber er konnte nur dumpfe, heisere Geräusche ausstoßen, die niemand hören würde: Der zusammengeklumpte Lappen in seinem Mund tat weh und drückte gegen das Zäpfchen; und immer wieder überkam ihn das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Doch er kämpfte dagegen an, denn er wusste, dass er sonst ersticken würde.
Verzweifelt versuchte er, sich abzulenken. Mit hoffnungsvollen und ermutigenden Gedanken, mit Erinnerungen an schöne Erlebnisse, mit heiteren Episoden aus dem Alltag.
Doch es half nichts.
Ständig hatte er Bilder von seinem eigenen qualvollen Tod vor seinem inneren Auge.

Kapitel 1

»Ich will den Cache allein finden!«
Der fünfjährige Jannik Walburg schaute zu seinem Vater Martin empor und bekräftigte: »Du darfst mir nicht helfen, Papa. Und Mama auch nicht! Ich bin schon groß genug! Ich kann den Schatz ganz alleine finden.«
Das GPS-Gerät in seiner kleinen Hand wirkte wie ein zu groß geratenes Funkgerät. Während Jannik durch den Wald marschierte, hielt er den Satellitenempfänger zumeist weit von sich gestreckt; es sah aus, als zöge das Gerät ihn gegen seinen Willen vorwärts. Doch nun blieb er stehen und wies mit seinem schmutzigen Zeigefinger auf den elektronischen Kompass, auf dessen Display der Richtungspfeil nach Nordosten zeigte. Jannik blickte abwechselnd nach vorn und auf den kleinen Bildschirm. Als er schließlich weiterging, geriet er durch eine Furche im ausgetrockneten Waldweg ins Stolpern und wäre beinahe gefallen, aber im letzten Moment fing er sich wieder. Irgendwo zwischen den Bäumen knackte es; vermutlich lief ein kleines Tier durchs Unterholz.
Martin ließ seinen Ältesten vorneweg laufen. Er schaute über die Schulter und sah zu, wie Katharina den Kinderwagen mit dem kleinen Elias über einen holprigen Wegabschnitt schob. Martin winkte seinem Jüngsten zu. Der Wagen schaukelte, und Elias jauchzte, als säße er in einem Karussell.
Katharina hingegen wirkte immer noch wie jemand, der in einen Essigtopf gefallen war. Heute war Martins erster Urlaubstag, und er hatte endlich einmal lange im Bett liegen können. Doch sie erwartete von ihm, dass er ihr an seinen freien Tagen schon frühmorgens bei der Hausarbeit half – und das, obwohl er doch in seinem Beruf so hart schuften musste! Aber das wollte sie nicht einsehen.
»Da geht‘s lang, Papa!«
Jannik war erneut stehen geblieben und wies mit dem Finger mitten in den dichten Wald hinein.
Martin beugte sich zu ihm herunter. »Nein, nicht direkt durch den Wald.« Er blickte auf das Display des GPS-Geräts und zeigte auf die rot markierte Strecke. »Zuerst folgen wir diesem Wanderweg, und nach ungefähr sechshundert Metern schauen wir nach, ob wir die versteckte Dose finden.«
»Ist das noch weit?«, erkundigte sich der Junge. »Ja, aber nur ein bisschen«, antwortete Martin. Es kostete ihn Mühe, nicht genervt zu klingen. Er wollte lieber in Ruhe wandern und seinen Gedanken nachhängen, statt wie in den letzten Minuten dauernd mit Jannik reden zu müssen. Hoffentlich wollten die Jungs später nicht auch so viel diskutieren wie ihre Mutter.
Jannik sah ihn misstrauisch an. »Etwa so weit wie Omas Haus? So weit will ich nicht laufen!«
Als Martin frustriert schwieg, drehte sich der Junge von ihm weg und verschränkte die Arme vor dem Oberkörper, wobei sein T-Shirt schmutzig wurde.
Katharina erreichte die beiden mit dem Kinderwagen und starrte verärgert auf die Flecken. »Jannik, geh weiter, sonst komme ich mit dem Wagen nicht vorbei.«
Der Junge sah trotzig zu seiner Mutter auf.
»Papa hat gesagt, dass wir noch weit laufen müssen. Ich will aber nicht mehr.«
Katharina beugte sich zu ihrem Sohn herunter. »Der Papa hat gesagt, es ist nur ein bisschen weit. Der Schatz befindet sich also ganz in der Nähe. Du wirst sehen.«
Jannik rieb sich gedankenverloren mit einer schmutzigen Hand über den Arm. Dann hellte sich sein Gesicht auf.
»Hoffentlich ist in dem Schatz ein Spiderman versteckt. Ich habe ‚Bob der Baumeister‘ zum Tauschen mitgenommen.«
Er holte aus einer Tasche seiner Shorts eine kleine Figur hervor und streckte sie seiner Mutter entgegen. »Bob der Baumeister« hatte schon viele Einsätze in Sandkästen und im Kinderzimmer hinter sich; dem Helm fehlte die gelbe Farbe, und die Schuhspitzen waren abgeschabt. Schon seit Wochen hoffte Jannik, in einem der Geocachingverstecke auf eine Spiderman-Figur zu stoßen. Weil der Sohn eines Arbeitskollegen von Martin einmal einen Batman gefunden hatte, glaubte Jannik, in vielen Geocaches seien Superhelden versteckt. Normalerweise handelte es sich bei den Tauschgegenständen um irgendwelchen Ramsch. Dinge von materiellem oder auch gar ideellem Wert suchte man in ihnen vergebens.
»Ja, wer weiß.« Katharina klang müde. Sie fuhr mit der Hand über Elias‘ Gesicht, um angetrocknete Kekskrümel von Wangen und Kinn abzuwischen.
Anschließend wanderte die Familie eine ganze Weile schweigend weiter und gelangte schließlich in die Nähe ihres Ziels.
Plötzlich rief Katharina: »Ich setze mich da hinten mit Elias auf die Bank, ich brauche dringend einen Kaffee!«
Sie zeigte auf einen kleinen Rastplatz am Wegesrand. Auf einer nur wenige Meter breiten Lichtung inmitten der dicht nebeneinander stehenden Fichten gab es eine Bank und einen Tisch, die man aus längsseits halbierten Baumstämmen gezimmert hatte. »Lass uns eine Pause machen«, schlug Katharina vor, ging zum Rastplatz und setzte sich hin. Heftiger als nötig warf sie den Rucksack auf den Tisch. Sie holte eine Thermoskanne heraus und öffnete sie. Der Kaffee dampfte kaum noch.
Martin schüttelte den Kopf, als sie ihm einen gefüllten Plastikbecher hinhielt. »Danke, aber ich gehe mit Jannik suchen. Wartest du hier mit Elias?«
Ihr Blick stach wie Eiszapfen in seine Magengrube.
Die Hände ballte sie zu Fäusten, als sie sich über den Kinderwagen beugte. »Mir bleibt ja wohl nichts anderes übrig, als das zu tun, was man mir sagt«, blaffte sie und öffnete Elias‘ Gurt. »Ist schließlich mein Job, das hätte ich fast vergessen. Und während der gnädige Herr am Wochenende ausschläft, rackere ich mich wie jeden Tag ab. Als Hausfrau hat man ja leider kein Wochenende. Ich bin schon seit halb sieben auf den Beinen und halte alles im Haus am Laufen. Aber jetzt brauch ich einfach eine Pause.« Der zweijährige Elias kletterte aus dem Wagen und fiel mit einem kurzen Schreckensschrei auf den Waldboden. Flink rappelte er sich auf; Dreck und Nadeln klebten rings um seinen Mund. Mit zusammengekniffenen Lippen wischte Katharina erneut sein Gesicht sauber.
Martin wandte ihr den Rücken zu. Bekäme er noch mehr Vorwürfe zu hören, würde er wutentbrannt in den Wald laufen. Und zwar ohne GPS-Gerät.
Plötzlich bemerkte er, dass Jannik zwischen den Bäumen verschwunden war. Angestrengt hielt er nach seinem Sohn Ausschau. Dann sah er, wie das rote T-Shirt des Jungen neben einer umgekippten Fichte aufblitzte. Martin eilte zu seinem Sohn, ohne sich noch einmal nach Katharina umzudrehen. Jannik stocherte mit einem Stock, der ihm bis zum Scheitel reichte, im Erdreich zwischen einigen Nadelbäumen herum. Dann hob er Rindenstücke vom Boden auf, drehte Steine um und zog am Geäst dünner Büsche. »Papa, wir sind bestimmt falsch. Hier ist nichts.« Mit enttäuschtem Gesichtsausdruck sah er zu seinem Vater auf. »Das wurde bestimmt geklaut.«
Martin verkniff sich ein Grinsen. Die Dose war von den letzten Findern zwar gut versteckt worden, aber er hatte sofort den unnatürlich aussehenden Haufen kleiner Äste und Zweige entdeckt: ein typisches Anzeichen für ein Geocachingversteck. »Der Schatz ist sicher noch da, du musst dich nur genauer umschauen.«
Jannik stützte sich auf den Stock. »Hast du was gesehen?«
Martin blickte zu Boden, als hätte er die Frage nicht gehört. Es machte ihm große Freude, Jannik beim Suchen und Finden zu beobachten. Mitunter brauchte der Junge mehrere Minuten, um selbst die Verstecke zu entdecken, die geradezu ins Auge sprangen. Und je länger er suchte, desto größer war seine Freude, wenn er den Schatz gefunden hatte.
»Du darfst mir aber nichts verraten, Papa. Ich will den Cache allein finden!«
Jannik drehte sich im Kreis, bückte sich und grub mit seinen kleinen Händen in den Nadelhaufen auf dem Waldboden. Ein Eichelhäher saß in einigen Metern Entfernung auf einem Ast, als wollte er dem Jungen bei der Suche zuschauen.
Plötzlich hielt Jannik abrupt inne. »Ich hab den Schatz, Papa; hier ist er versteckt!«
Der Eichelhäher keckerte und flog davon, als der Junge aufgeregt den Reisighaufen beiseite schaufelte. Braune Blätter stoben umher, und Staub lag in der Luft.
Inzwischen war ihnen Katharina mit Elias gefolgt. Sie stellte sich neben Martin, und er spürte plötzlich ihre Wange an seiner Schulter.
»Ist er nicht süß?«, hauchte sie ihm ins Ohr. Martin war völlig irritiert und drückte unsicher ihren Oberarm. Elias setzte sich zu ihren Füßen und stocherte nun ebenfalls im Dreck.
Jannik hantierte mit seinem Fundstück, einer Frischhaltedose, und Martin wartete auf das charakteristische Geräusch, wenn beim Öffnen die Luft entwich. Aber das Geräusch blieb aus. Wahrscheinlich war die Dose bereits kaputt, und wenn sie Pech hätten, wäre der Inhalt feucht und verschmutzt.
»Mama, Papa, was ist das?«, rief der Junge; seine Stimme klang beunruhigt.
Katharinas Oberkörper versteifte sich. Sie löste sich von ihrem Mann und ging mit schnellen Schritten zu Jannik. Martin folgte ihr rasch. »Zeig mal her«, sagte er und nahm seinem Sohn die Dose aus der Hand.
Erwartungsvoll blickte er in das Oval aus transparentem Kunststoff. Reflexartig zuckte er zurück, als beißender Geruch in seine Nase stieg. Modrig, organisch. Dann sah er die Insekten, dazwischen ein Stück Fleisch. Daumendick. Zwischen hellroten Gewebefetzen, braunen Blutkrusten und angeschwärzten Geweberändern war ein weißer Knochen zu erkennen.
Katharina schrie auf, als auch sie den Inhalt der Dose sah.
Martin blickte starr in den stinkenden Behälter.
Ein Käfer spreizte die irisierenden Flügel. Er krabbelte über den Dosenrand, fiel auf den Waldboden und verschwand im Unterholz.

Kapitel 2

»Ihrem Versetzungsantrag kann leider nicht entsprochen werden. Pah!«
Natascha Krüger warf den Brief auf den Schreibtisch und sprang empört auf. Ihr Bürostuhl rollte polternd gegen das Metallschränkchen hinter ihr. Sie drehte sich um und gab ihm noch einen Tritt.
»Ich muss erst meinen Erstverwendungsdienst beenden, bevor ich mich weiterbewerben kann!«, rief sie mit scharfer Stimme. »Scheiß Bürokraten!«
Ihr Kollege Jörg Lorenz lehnte sich in seinem Stuhl zurück, der ein asthmatisches Geräusch von sich gab. »In diesen sauren Apfel müssen alle Berufsanfänger beißen. Das wusstest du doch vorher; du kennst schließlich die Vorschriften.«
»Aber die hätten doch für mich eine Ausnahme machen können! Diese Möglichkeit gibt es nämlich!« Natascha funkelte ihren Bürokollegen an. Wieso musste er alles besser wissen?
Lorenz griff zu einer Dienstmütze, die schon seit Ewigkeiten hinter ihm auf einem halbhohen Regal lag, und setzte sie auf. Dabei fiel eine der beiden Schildkröten aus Plüsch um, die dort standen.
»Melde mich gehorsamst zum Dienst, Kommissarin Krüger!«
Manchmal sah er selbst aus wie eine Schildkröte, fand sie. »Das ist nicht witzig!«
Enttäuscht zog sie ihren Schreibtischstuhl an seinen Platz und setzte sich wieder. Sie stützte ihr Kinn in die Hände und blickte Lorenz trotzig an. Er grinste aufreizend. Dass sie ihrem Kollegen direkt gegenübersaß, fand sie nicht immer gut. »Was ist, warum guckst du so?«, wollte sie wissen.
»Du erinnerst mich an meine Schwester.«
»Ach, und warum?«
»Sie hat sich immer ein Pferd gewünscht und unsere Eltern damit ganz schön genervt. Zu ihrem zwölften Geburtstag hat sie dann endlich ein Tier geschenkt bekommen. Doch es war kein Pferd, sondern ein Hamster. Da hat sie ungefähr so dreingeschaut wie du jetzt gerade.« Lorenz grinste immer noch.
»Wie witzig. Du machst dich über die Wünsche und Träume anderer Leute lustig, als ob du selbst keine hättest. Ich habe jedenfalls keine Lust, bis zur Pension immer den gleichen Dienst in derselben Stadt zu schieben – auch wenn es bei der Polizei noch vergleichsweise spannend ist. Und wenn ich ein Ziel habe, dann unternehme ich auch was, um es zu erreichen.«
Lorenz zog die Augenbrauen nach oben und betrachtete sie wie ein alter Lehrer seine ungestüme Schülerin. Dann drehte er sich um, nahm die Mütze ab und legte sie zurück auf das Regal. Auch die umgefallene Schildkröte stellte er wieder auf. Manchmal benahm er sich ihr gegenüber wie ein Vater, dachte Natascha. Obwohl er erst achtunddreißig war und damit nur elf Jahre älter als sie.
Trägheit breitete sich in ihr aus: der Kater nach dem Adrenalinkick. Sie verschränkte die Arme und legte sie auf den Schreibtisch, sodass sie mit ihnen das Schreiben des Ministeriums verdeckte. Aus den Augen, aus dem Sinn. Wieso hatte man sie nach dem Studium bloß hierher geschickt? Nach Siegen! Das war der nordrhein-westfälische Wurmfortsatz, kein richtiges Westfalen und erst recht kein Rheinland. Die meisten ihrer ehemaligen Kommilitonen hatten als Kommissare im Rheinland bleiben oder zur Bereitschaftspolizei gehen dürfen. Warum man ausgerechnet sie dem Kriminalkommissariat in dieser abgelegenen Gegend mit den wortkargen Bewohnern zugeteilt hatte, war ihr unerklärlich. Siegen war nur durch die Zusammenlegung mehrerer Orte zu einer Großstadt geworden: Das besondere Flair und die Lebendigkeit gewachsener Städte fehlten hier völlig; die Infrastruktur und das kulturelle Angebot waren immer noch kleinstädtisch, obwohl die kommunale Neugliederung schon mehr als vier Jahrzehnte zurücklag. Und die Polizeidienststelle befand sich nicht einmal im Zentrum der Stadt, sondern in Weidenau, einem der Stadtteile. Nun saß sie hier, zwischen Rothaargebirge und Westerwald, und fühlte sich von den dicht bewaldeten Bergen, die keinerlei Fernblick boten, förmlich eingekreist. Einzig das nahe gelegene Autobahnkreuz bei Wenden an der Grenze zum Sauerland stellte eine Verbindung zur alten Heimat her, da man dort auf die A4 nach Köln auffahren konnte. Natascha konnte es nur zu gut verstehen, dass viele Studierende von auswärts lästerten, die Autobahn nach Köln sei das Beste an Siegen. Selbst die Sieg schien langsamer als andere Flüsse zu fließen.
Hätte sie nicht Tine kennengelernt und in ihr eine gute Freundin gefunden, wäre sie längst an ihrem Schicksal verzweifelt. Ihre erste Begegnung hatten sie gleich zu Beginn ihrer Zeit in Siegen, und zwar kurz nach Mitternacht auf der am stärksten befahrenen Kreuzung der Stadt. Natascha war mit einem Kollegen auf Streife gewesen, als sie zu einem Einsatz gerufen wurden. Sie entdeckten eine junge Frau, die sich mitten auf die Kreuzung gestellt hatte und zwei Pylonen in die Höhe hielt. Ihr Freund stand am Straßenrand und fuchtelte mit seinen tätowierten Armen in der Luft herum. Beide waren natürlich sturzbetrunken. Recht bald brachten die Polizisten in Erfahrung, wie es zu dieser Situation gekommen war: Der Mann hatte seiner Freundin auf dem Heimweg gestanden, dass er fremdgegangen sei; daraufhin hatte sie in einer Kurzschlussreaktion zu zwei Pylonen gegriffen, die von Straßenarbeitern auf dem Gehweg vergessen worden waren, und damit auf ihn eingeschlagen. Er konnte sich nur dadurch retten, dass er über die Straße rannte. Sie lief hinter ihm her, doch als eine der Ampeln auf Grün schaltete, sah sich die junge Frau plötzlich von fahrenden Autos umzingelt. Mit einer Sturheit, wie sie nur Betrunkenen eigen ist, blieb sie auf der Kreuzung stehen. Nata scha und der Kollege von der Schutzpolizei legten ihr schließlich Handschellen an und brachten sie so zur Vernunft. Drei Wochen später begegneten sich die beiden jungen Frauen zum zweiten Mal, diesmal in einem Bogenschützenverein. Tine zeigte sich zunächst noch zickiger. Doch etliche Tage später gestand sie Natascha, wie sehr sie sich bei jener zweiten Begegnung geschämt hatte. Seitdem erwähnte keine von ihnen mehr jenes nächtliche Erlebnis, und sie hatten bereits so oft von ihrer »ersten« Begegnung beim Bogenschießen erzählt, dass sie schon fast selbst daran glaubten.
»Natascha? Was ist mit dir?« Lorenz holte sie zurück aus ihren Tagträumen.
Sie setzte sich auf, fuhr sich mit den Fingern durch die kurzen dunklen Haare und murmelte: »Es hat ja doch keinen Zweck. Dann bleibe ich eben noch zwei Jahre hier und arrangiere mich mit den Umständen.«
»Na bitte. Geht doch.« Er lächelte. Um seine Augen bildeten sich feine Fältchen, die Mundwinkel zuckten, und die Stirn glättete sich. Plötzlich überkam Natascha Wehmut, als sie daran dachte, dass sie ihren sympathischen Kollegen verlassen wollte. Am liebsten hätte sie ihn für dieses Lächeln umarmt. »Magst du gleich mit mir in die Kantine kommen? Mein Magen grummelt wie ein alter Bär.« Lorenz hielt sich den Bauch und sah sie auffordernd an.
Doch Natascha schüttelte den Kopf. »Danke, heute nicht. Ich hab mir einen Salat mitgebracht.«
»Du machst doch nicht etwa eine Diät? Du bist schon dünn genug!« Er formte mit beiden Händen einen kleinen Kreis, der wohl ihre Taille darstellen sollte.
Natascha lachte und rieb sich mit der flachen Hand über den Bauch. »Quatsch. Aber bei dieser Hitze habe ich keine Lust auf warmes Essen. Da ist so ein frischer, knackiger Salat doch was Feines, oder?«
Lorenz mimte den Zerknirschten. »Du hast recht. Anstelle des fetten Kantinenessens sollte ich meinem Magen lieber was Gesundes gönnen. Und weißt du was?« Er stand auf und ging auf die Tür zu. »Morgen fange ich damit an. Ganz bestimmt!«
Lachend verließ er den Raum, und Natascha rief ihm noch »Guten Appetit!« hinterher.

Die überarbeitete Neuauflage erschien zusammen mit „Kuckucksspiel“, dem zweiten Fall von Natascha Krüger und ihren Kollegen von der Siegener Polizei!

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Es geht weiter!

Aus unterschiedlichen Gründen habe ich eine sehr lange Social Media-Pause eingelegt, wovon auch mein Blog betroffen war.

Doch das ist erstmal vorbei, und pünktlich zum Jahresbeginn (oder sollte ich sagen: Frühlingsbeginn?) kommen zwei Bücher von mir auf den Markt:

Knochenfinder und Kuckucksspiel.

Taschenbücher Knochenfinder und Kuckucksspiel
Knochenfinder und Kuckucksspiel im neuen Kleid

Beide Krimis wurden nicht nur äußerlich, sondern vor allem auch innerlich generalüberholt und werden sich ab 01.03.2022 munter unter das Büchervolk mischen.

Wenn Ihr mehr über die Hintergründe der Bücher und ihre Wiederauflagen wissen wollt, bleibt einfach hier am Ball oder folgt mir auf Facebook oder Instagram.

Ich hoffe, wir lesen uns!

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Lange Nacht der Bibliotheken in Siegen

Endlich wieder lesen!
Die Stadtbibliothek Siegen beteiligt sich an der „langen Nacht der Bibliotheken“ und veranstaltet eine Online-Lesung – kostenfrei für euch alle!
Ihr müsst euch lediglich die Webex-App für diesen Abend herunterladen und es euch zu Hause gemütlich machen. Dann könnt ihr von 19-22 Uhr kriminelle Lesungen genießen: außer mir lesen noch Anette Schäfer und Ralf Strackbein. Die Veranstaltung wird von Stadtrat Arne Fries eröffnet und ihr habt nach (bwz. während) jeder Lesung die Möglichkeit, Fragen zu stellen.

Den Link zur Veranstaltung und mehr Infos findet ihr hier:
Die lange Nacht der Bibliotheken in Siegen

Ich freue mich auf euch!

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Der Krimi-Newsletter im Februar

Bald erscheint der nächste Newsletter!

In der Februar-Ausgabe erfahrt ihr, warum ich „Kuckucksbrut“ vor der Wieder-Veröffentlichung so umfassend überarbeite, warum ihr euch beeilen solltet, wenn ihr „Tod unterm Krönchen“ zu Ostern verschenken wollt und wer die Mörderischen Schwestern sind.

Außerdem verrate ich euch schon mal vorab, wann und wo ihr die nächste Lesung von mir erleben könnt.
Neugierig geworden?

Der Siegerland-Krimis-Newsletter
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„Tod unterm Krönchen“ – der neue Siegerland-Krimi!

Stell dir vor, du bist die Hauptfigur in einem Kriminalroman.
Als Privatdetektiv:in ermittelst du in einem Mordfall, dein Nachbar ist ein neugieriger Reporter, deine Freundinnen sind Zeuginnen, deine Eltern sind Polizisten und für das Opfer fällt dir bestimmt auch noch jemand ein.

Der personalisierte Siegerland-Krimi Tod unterm Krönchen
Der neue Siegerland-Krimi „Tod unterm Krönchen“

Ein personalisierter Krimi

Klingt witzig?
Ist es auch!
In meinem neuen Krimi bestimmst du allein, wer welche Rolle übernimmt.
Jedes Buch wird individuell geschrieben und gedruckt, auf Wunsch auch gerne signiert.
„Tod unterm Krönchen“ ist also ein wunderbares Geschenk zum Geburtstag, zum Jahrestag, zum Firmenjubiläum, Hochzeit oder einfach so.
Für dich oder für andere.

Wie funktioniert der personalisierte Krimi?

Du meldest dich bei mir, ich schicke dir einen Fragebogen zu den Figuren, und nach Erhalt beginne ich mit der Arbeit.
Im Normalfall dauert der ganze Prozess bis zu vier Wochen, du solltest also nicht gerade unter Termindruck stehen.
Dafür bekommst du aber auch ein ganz besonderes und vor allem wirklich individuelles Geschenk!

Ein Taschenbuch kostet 30 Euro, ein Hardcover 35 Euro, jeweils zuzüglich Porto. Zusätzliche E-Books im Wunschformat kosten je 8 Euro.
Ich freue mich auf deine Nachricht!

Das Covermotiv mit dem Krönchen in Blau stammt übrigens von Ricardo Orlando vom DiWerk in Siegen.
Ricardo OrlandoDiWerk – Foto-/Filmstudio

(Aktuell nicht lieferbar)

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„Märchenspur“ – Familien-Rundwanderweg in Bad Berleburg

Der Rundwanderweg „Märchenspur“ wurde im Oktober 2020 eröffnet und ist damit das sprichwörtliche Nesthäkchen unter den Wanderwegen rund um den Rothaarsteig.

Offiziell ist er 5,6 km lang und ganz auf Kinder, Familien und Märchenfreunde ausgelegt. Auf der Seite der Stadt Berleburg ist er mit zwei Stunden Dauer angegeben, ich würde aber deutlich mehr veranschlagen. Wir waren drei Stunden unterwegs, sind aber nicht stur gewandert, sondern haben viel links und rechts geschaut, Pausen gemacht – und sind zwei Mal in die Irre gelaufen.

Die Wegführung ist an manchen Stellen verwirrend (z.B. beim Spielplatz oder der Rotkäppchen-Station), letztlich macht es aber nichts, wenn man den Weg gelegentlich verlässt. Das Bad Berleburger Schloss als Start- und Endpunkt findet man so oder so wieder.

Für jüngere oder nicht so waldbegeisterte Kinder könnten vielleicht noch zwei oder drei zusätzliche Stationen die Motivation erhöhen. Zwei der sechs Stationen liegen im Schlosspark und damit nah beieinander, die übrigen vier verteilen sich dann auf dem restlichen Rundweg.

Das war es aber auch schon mit meiner Kritik.

Wichtig ist auch der Hinweis, dass die Märchenspur nicht kinderwagentauglich ist, auch nicht für robuste Sportwagen. Eine Tragehilfe ist hier für die ganz Kleinen sehr nützlich.

Eine Prinzessin auf Schloss Berleburg

Die Idee des Familien-Wanderweges ist sehr schön und wurde gut umgesetzt, denn Bad Berleburg ist wie geschaffen für einen Märchen-Wanderweg.

Die Märchenspur beginnt an Schloss Berleburg, das Viele aus der Region mindestens von der Weihnachtszeitreise kennen, dem Weihnachtsmarkt mit historischem Flair rund um Schloss und Schlosspark.

Das Bad Berleburger Schloss ist schon seit mehr als 600 Jahren von der Fürstenfamilie Sayn-Wittgenstein-Berleburg bewohnt, und mit ganz viel Glück können die Kinder dabei sogar einer waschechten Prinzessin begegnen (Nathalie Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg ist eine erfolgreiche Dressurreiterin und züchtet kostbare Reitpferde auf ihrem Gestüt in Bad Berleburg).

Von dort geht es an Ententeichen vorbei zur Gänsewiese, wo man bei schönem Ausblick eine erste Rast einlegen kann. Außerdem steht dort eine Stempelstation, denn die Kinder können sich bei der Tourist-Info in Bad Berleburg einen Stempelpass holen und ihn am Ende der Wanderung gegen eine kleine Überraschung eintauschen.

Wisente, Enten und Gänse im Wald

Anschließend führt der Weg in den Buchen- bzw. Mischwald, das dichte Laub auf dem Boden macht nicht nur den Kindern Spaß!
Die Wälder rund um Bad Berleburg sind Teil des berühmten Wisent-Projekts, das auf die Initiative der Fürstenfamilie Sayn-Wittgenstein-Berleburg zurückgeht.

Die Märchenspur hat insgesamt sechs Stationen, an denen ein Märchen in Kurzform erzählt wird und die immer einen Bezug zu ihrem Standort haben. Und hier können die Kinder auch ihr Stempelheft füllen.

An einigen Stellen kreuzt man den Wald-Skulpturenweg und Zubringerwege zum Rothaarsteig sowie weitere bekannte (Rund-)Wanderwege.

Fazit

Die Märchenspur ist ein schöner Familien-Rundwanderweg um Bad Berleburg im Rothaargebirge. An sechs Stationen werden Märchen nacherzählt und die Kinder können dort Stempel sammeln und sich am Ende des Weges eine kleine Überraschung abholen.

Für die 5,6 km sollte man allerdings reichlich Zeit einplanen, weil es im Wald so viel zu schauen gibt und ein schöner Waldspielplatz zum längeren Verweilen einlädt.

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#sangundklanglos

#sangundklanglos

Gestern Abend um 20 Uhr war es still.
Besonders still.
Denn unter #sangundklanglos wurde Stille sichtbar gemacht.
Die Stille von Künstlerinnen, Kulturschaffenden, Musikern, Autorinnen, Menschen aus der Veranstaltungsbranche, Schauspielerinnen, Theaterleuten, Caterern, Technikerinnen …

Kurz: all den Tausenden aus der Kulturbranche, denen sprichwörtlich der Boden unter den Füßen weggezogen wurde.

Die Maßnahmen gegen Corona sind richtig und wichtig, aber sie treffen unzählige Menschen, die nicht fest angestellt sind, die sich von Auftritt zu Auftritt hangeln, die Herzblut, Liebe und Energie in das stecken, was wir alle genießen und brauchen – besonders in Zeiten wie diesen.

Lasst uns in dieser Stille nicht völlig verstummen, lasst uns diese dunkle Zeit gemeinsam überstehen.
Zusammen!
Und an die Politik: Lasst uns nicht hängen!

#alarmstuferot

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Das 1. Siegerländer Krimifestival

Lange war unsicher, ob das Siegerländer Krimifestival von Radio Siegen wie geplant stattfinden kann. Erst ab Donnerstag stellte sich Vorfreude bei mir ein, die dann aber bis Samstag schön anstieg.
Aber letztlich hat alles geklappt, wir hatten ein tolles Lesefest und auch die Gäste waren begeistert.
Das Heimhof-Theater in Burbach ist ein ganz besonderes Theater und bot die perfekte Kulisse für das Krimifestival. Hier ist die Zeit stehen geblieben, das Ambiente der Fünfzigerjahre hat einen ganz besonderen Charme und die Titelmusik von Miss Marple, die in Dauerschleife vorher und nachher lief, hat das Flair perfekt gemacht.
Der Abend konnte einfach nur gut werden!

„Der Siegerländer Krimi ist weiblich“

Ralf Strackbein, den meisten vermutlich bekannt, eröffnete das Festival mit einem Ausschnitt seines aktuellen Buches.
Im Anschluss stellte Sinje Beck ihre drei Romane über und mit Heiner Himmel, den leicht chaotischen Privatdetektiv, vor.
Nach einer kurzen Lüftungspause, die wir direkt schon zum Büchersignieren nutzen konnten, stand ich auf der Bühne.

Ausverkauftes Haus, noch vor dem Einlass

Ursprünglich hatte ich geplant, den Nachfolger von »Unter der Mauer« vorzustellen, den zweiten Fall der Psychologin Nike Klafeld.
Doch leider machte mir Corona einen Strich durch die Rechnung, und statt mit einem Mordfall durfte ich mich wochenlang mit Homeschooling beschäftigen. Da meine Romane immer relativ rechercheintensiv sind und ich keinen Schnellschuss abliefern möchte, muss die Veröffentlichung eben verschoben werden: Der zweite Teil erscheint also voraussichtlich in der ersten Jahreshälfte 2021.
Stattdessen habe ich mein »Geheimprojekt« vorgestellt: Tod unterm Krönchen, der personalisierte Siegerland-Krimi!

„Tod unterm Krönchen“ – das Geheimprojekt

Dieses Buch kann man nicht im Handel kaufen, sondern nur bei mir bestellen. Jedes Buch ist ein Unikat und wird individuell von mir bearbeitet, denn Ihr bestimmt die Figuren in der Geschichte – eure Freunde, Familie, Arbeitskolleginnen, Nachbarn …
Ihr sucht aus, wer die Hauptrolle des Privatdetektivs oder der Privatdetektivin bekommt, wer Opfer ist, wer die Zeugen sind und wer die Polizei.
Dafür brauche ich ein paar wenige Angaben von euch über die Figuren, alles Weitere klären wir dann per E-Mail.
Beim Siegerländer Krimifestival habe ich den Anfang vorgelesen und dabei schon mal ein paar handelnde Figuren vorgestellt. Und so war Steffen Ziegler der Privatdetektiv, Tanja Maage das Opfer, Annette Schäfer, Micha Krämer, Sinje Beck und Ralf Strackbein waren Zeugen. Auch für einen Hund war noch Platz.
Mein Figurenensemble sorgte allgemein für Erheiterung und ich bekam – und bekomme immer noch! – viel positives Feedback für die Idee und auch schon einen Stapel Bestellungen. Damit werde ich mich ranhalten, damit alles bis Weihnachten fertig ist.
Leider hatte ich leichtes Chaos in meinen Ausdrucken, sodass ich ein wenig improvisieren musste. Das ist mir aber, glaube ich, ganz gut gelungen.

Geschichte im Backstage-Bereich

Nach mir war Annette Schäfer dran und stellt ihren neuen Siegerland-Krimi vor. Annette Schäfer schreibt zu jedem ihrer Bücher einen Song, und einen davon präsentierte sie uns an diesem Abend. Eine tolle und besondere Idee!
In der zweiten Lüftungspause gab es noch mehr Bücher zu signieren, bevor der dritte und letzte Teil begann.
Micha Krämer ließ diesmal die Gitarre zu Hause und las aus seinem neuen Krimi vor. Dafür wählte er einen Teil aus, den man eigentlich niemals auf einer Lesung präsentiert: den Schluss. Aber natürlich sparte er die entscheidenden Stellen aus, so dass man erst recht neugierig auf die Geschichte wird. Ich würde sagen, das Experiment ist gelungen.

Mitmach-Krimi auf der Bühne

Das Finale gestaltete Tanja Maage mit einem ihrer Mitmach-Krimis.
Die funktionieren nach dem Prinzip eines Krimidiners, nur ohne Essen. Wir anderen schlüpften also in vorgegebene Rollen, bekamen dafür Requisiten und ein Textheft und durften spontan auf der Bühne improvisieren.
Das hat nicht nur uns auf der Bühne Spaß gemacht, sondern offensichtlich auch dem Publikum.
Für mich war das »Improtheater« ein sehr gelungener Schluss, bei dem wir alle noch einmal gemeinsam auf der Bühne standen und uns von einer anderen Seite zeigen konnten.
Radio Siegen sammelte Stimmen von uns sowie aus dem Publikum, und den Rückmeldungen kann man entnehmen, dass sich ein zweites Festival definitiv lohnt.

Ich bin froh, dass ich dabei war und alles wie geplant durchgeführt werden konnte, und dass Abstand halten, Masken tragen und Lüften völlig normale Bestandteile des Abends waren.
Ein großes Lob also auch noch mal an das Heimhof-Theater, die uns sogar Plexiglasscheiben während der Signierstunden zur Verfügung stellten.
Das zeigt, dass man mit gutem Willen und pfiffigen Ideen auch in einer Zeit wie der Corona-Krise Kultur live erleben kann.

Die Signiertische mit Plexiglasscheiben
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Seven Summits Siegen

Seven Summits Siegen? Was soll das sein?
Siegen wurde, wie einst Rom, auf sieben Hügeln erbaut.
Und wer die Berge liebt, kennt die Seven Summits – die jeweils höchsten Berge aller sieben Kontinente.
Was liegt also näher, als die Seven Summits nach Siegen zu holen und eine Tageswanderung daraus zu machen? Ganz ohne Gasflasche und Steigeisen, dafür aber mit tollen Ausblicken und bereichernden Anblicken.

Meine erste Gruppenwanderung

Henry vom Deutschen Alpenverein, Sektion Siegerland, arbeitete eine knackige Wanderung aus, um Siegens sieben Berge in einer Rundwanderung zu erklimmen.
Die Idee fand ich dermaßen bestechend, dass ich unbedingt dabei sein wollte, obwohl ich ja eigentlich passionierte Alleinwanderin bin. So kam ich also eher zufällig zu meiner ersten geführten Gruppenwanderung (Spoiler: Es wird auch nicht die letzte gewesen sein!).
Der September hat uns ohnehin mit viel Sonne verwöhnt, und so hatten wir auch an diesem Samstag Glück mit dem Wetter.
Treffpunkt war beim Café del Sol im Alchetal, gleich dort, wo sich der AndersRoom und die Minigolfanlage befinden.

Wir waren zu elft, und nach einer Vorstellungsrunde und einem kurzen Fußmarsch zum Warmwerden ging es direkt querfeldein hinauf auf den Fischbacherberg .
Hatte ich mir im Vorfeld gedacht, wir würden reguläre Wanderwege benutzen, wurde ich direkt eines Besseren belehrt. Aber das war auch gut und sollte auch den Rest des Tages so weitergehen.

Blick vom Fischbacherberg nach Süden

Fischbacherberg

Oben auf dem Fischbacherberg angekommen, erwartete nicht nur uns Teilnehmer eine Überraschung, sondern auch Henry als Wanderführer: Bei der letzten Runde stand oben auf der Kuppe noch ein (angeschlagener) Wald, mittlerweile liegt dort eine großflächig abgeholzte Brache. Hier hatte man offensichtlich mit schwerem Gerät gearbeitet, denn der Trigonometrische Punkt, den Henry uns eigentlich zeigen wollte, war kaputtgefahren und beschädigt worden und wir mussten ihn erst suchen und wieder aufstellen.
Trigonometrische Punkte dienen als Markierungspunkte bei Kartografie und Landvermessung, und da im Stadtgebiet keine Gipfelkreuze stehen, waren die Triangulationspunkte auf der Wanderung ein würdiger Ersatz – sofern sie noch da lagen, wo sie schon seit Ewigkeiten liegen sollten.

Trigonometrischer Punkt am Fischbacherberg, demoliert

Schon auf dem Fischbacherberg – also dem ersten von sieben – begann das allgemeine Staunen: „Hier war ich ja noch nie“, „Das ist unerwartet schön“, „So eine Ecke vermutet man hier gar nicht“ – das zog sich den ganzen Tag hin, denn Henry hat wirklich interessante Winkel ausgesucht und wir haben Stellen entdeckt, die wir von alleine vermutlich niemals aufgesucht hätten.

Rosterberg

Vom Fischbacherberg wanderten wir ins Tal zum „Stummen Loch“ an der Sieg und von dort aus durch den Wald hinauf zum Rosterberg. Dessen höchster Punkt befindet sich auf einem Spielplatz – genauer: auf der Rutsche des Spielplatzes. Hier machten wir eine erste coronakonforme Rast, ehe es durch das Wohngebiet hinunter zur Leimbachstraße ging.

Ein schönes Steindorf auf dem Rosterberg
#Siegerlandstones

Häusling

Unterhalb des Leimbachstadions ging es dann „hintenrum“ hinauf auf den Häusling, der mich von allen Bergen am meisten überraschte: Mitten in der Stadt, direkt neben der stark befahrenen Frankfurter Straße (Höhe Schleifmühlchen) gibt es einen dichten Mischwald mit vielen Spazierwegen und bemerkenswerten Ausblicken auf die Oberstadt und das Krönchen.
Henry gönnte uns ohnehin viele Blicke aufs Krönchen, das Siegener Wahrzeichen. Manchmal mussten wir dafür querfeldein stiefeln, manchmal war der Aussichtspunkt auch mit Tisch und Bänken ausgestattet.

Blick vom Häusling auf die Oberstadt samt Krönchen

Siegberg

Nach einer ausgedehnten Fotopause an einer Sitzecke ging es vom Häusling erst bergab zur Frankfurter Straße, dann durch Hainstraße, Donzenbachstraße und Metzgerstraße durch die schönsten Winkel der Oberstadt. Die haben im Herbst einen ganz besonderen Charme und ich genieße es jedes Mal, dort spazieren zu gehen.
Da der Siegberg allerdings schon unser vierter Berg war und die Altstadt bekanntermaßen recht steil ist, fühlte es sich nicht mehr allzu sehr nach Spaziergang an. Da kam die Mittagspause (am frühen Nachmittag) am Oberen Schloss doch sehr gelegen. Wir setzten uns allerdings nicht in den Schlosspark, sondern nutzten den höchsten für uns erreichbaren Punkt, den Wehrturm mit den beiden Kanonen – und natürlich dem Krönchen als Fotomotiv.

Lindenberg

Ein Stückchen des Weges vom Siegberg auf den Lindenberg ist identisch mit dem Elisabethpfad (bzw. Pilgerpfad) und ich hatte das Teilstück von Hain hinauf auf den Lindenberg noch in unschöner, da ziemlich steiler, Erinnerung.
Ja, dieses Stück ließ sich nicht angenehm laufen, es ist steil und der Weg ist in schlechtem Zustand. Aber wer jemals oben auf dem Katzenplätzchen war, weiß, dass sich der Aufstieg lohnt. Von hier hat man wirklich einen tollen Blick auf die gesamte Innenstadt, auf Weidenau und den Monte Schlacko, auf den Wellersberg und auch in Richtung Rödgen und Wilnsdorf.

Das Katzenplätzchen auf dem Lindenberg

Giersberg

Der sechste Berg unserer Tour war der Giersberg. Das ist der am dichtesten bebaute Berg in Siegen, entsprechend führten nur Treppenwege und Bürgersteige nach oben und das Attraktivitätslevel war eher gering, zumal wir mittlerweile auch schon ein paar hundert Höhenmeter hinter uns hatten und es mit über zwanzig Grad auch deutlich warm war.
Ganz oben befindet sich eine Kleingartenanlage. Der höchste Punkt versteckt sich zwar auf einem abgesperrten Grundstück dort, aber wir konnten immerhin eine Pause im Schatten von Apfelbäumen machen und dabei liebevoll gepflegte Gärten begutachten.
Bergab war es auch nicht besonders schön, da der Giersberg wirklich von allen Seiten dicht bebaut ist und wir uns teilweise zwischen parkenden Autos hindurchschlängeln mussten.

Der weithin sichtbare Sender auf dem Giersberg

Wellersberg

Von der Weidenauer Straße im Tal aus mussten wir nur noch Richtung Charlottental wandern, um von dort aus die letzte Herausforderung, den Wellersberg, zu meistern. Der bot mit der Panzerwiese, einem riesigen Areal aus der Zeit der Belgischen Garnison, wieder sehr viel Natur. Der höchste Punkt befindet sich hier im Wald, und auch dort findet man, wie an einigen anderen Stellen, noch Überreste aus der Zeit der Belgier: Zäune, Betonpfosten, abgesperrte Bereiche.
Von dort aus mussten wir nur noch bergab gehen. Henry lotste uns durch Stadtwald und Gesträuch und zeigte uns den alten Friedhof am Wellersberg, über den ihr hier mehr lesen könnt.
Nach gemütlichen sieben Stunden Wanderung und 740 Höhenmetern auf- und 720 Höhenmetern abwärts erreichten wir wieder unseren Startpunkt.
Es war eine tolle Erfahrung, in einer Gruppe zu wandern und dabei viel über die Stadt und ihre Geschichte zu erfahren, ganz neue Ansichten zu bekommen und Ecken kennenzulernen, die ich von alleine nie gefunden hätte. Auch die Gespräche mit den Mitwanderern waren interessant, lustig, spannend und teilweise auch persönlich und zum Nachdenken anregend – auch wenn wir uns vorher gar nicht kannten.
Wir haben vielleicht nicht ausschließlich die schönsten Ecken der Stadt kennengelernt, dafür wusste aber zu jedem bemerkenswerten Ort jemand etwas zu erzählen. Und das hat die Wanderung enorm bereichert.

Einmal rund um die Stadt

Zum Abschluss kehrten wir noch ins Café del Sol ein und ließen den Nachmittag ausklingen – und machten schon wieder Pläne für die nächste gemeinsame Wanderung.
Ich werde zwar nach wie vor am liebsten alleine wandern, weil es für mich den größten Erholungseffekt hat. Aber ich habe mir ganz fest vorgenommen, jetzt öfter mal in einer Gruppe zu wandern.

Die Seven Summits verdienen ihren Namen

Nachtrag:
Dieser Beitrag erschien in leicht gekürzter Form auch im „bergauf-bergab“, der Mitgliederzeitschrift des DAV – Deutscher Alpenverein, Sektion Siegerland – Heft 175, 04/2020.
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Das Krimifestival von Radio Siegen

Endlich ist wieder Lesungszeit!

Dieses Jahr hat nicht nur den Buchmarkt allgemein ziemlich gebeutelt, sondern auch uns Autorinnen und Autoren.
Leider könnte ich davon ein Lied singen, wenn ich singen könnte.
Keine Angst – ich werde definitiv nicht versuchen, mir mit Gesang ein zweites Standbein zu verschaffen!

Auf die Bühne gehe ich aber trotzdem, sogar im altehrwürdigen Heimhof-Theater in Burbach-Würgendorf.
Da veranstaltet Radio Siegen nämlich ein Krimifestival mit insgesamt sechs heimischen Krimi-Autorinnen und Autoren.
Jede/r von uns bekommt eine halbe Stunde zur freien Verfügung und ich bin schon ganz gespannt!

Wann?
Am 17.10.2020 um 19.00 Uhr
Heimhof-Theater
Heimhofstr. 7a
57299 Burbach

Für meine dreißig Minuten habe ich mir eine ganz besondere Überraschung überlegt, die ich gerade mit viel Spaß vorbereite.
Ich verrate schon mal so viel: Es hat etwas mit Krimis zu tun. Und mit Weihnachten.
Den Rest erfahrt ihr dann vor Ort oder in meinem Newsletter, für den ihr euch gerne jederzeit anmelden könnt.
Wie weit die Kapazitäten darüber hinaus noch ausreichen, muss ich mal schauen.
Aber ich will hier ja niemandem den Mund wässrig machen …
(Oder doch?)

Achtung!
Karten gibt es nur im Vorverkauf!
Klick hier






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