Tickets und Infos gibt es hier: tickets.mordsregion.de (übrigens für alle Veranstaltungen)
Ich freue mich auf euch!
2. Krimilesung in Rotenburg an der Fulda
Ich freue mich sehr, endlich auch in meiner Geburtsstadt lesen zu dürfen!
„Unter der Mauer“ spielt nicht nur in Siegen, sondern auch 1984 in Leipzig und rund um die ehemalige „Zonengrenze“ zwischen Hessen und Thüringen. Während meiner Recherche habe ich Ausstellungen wie etwa das Grenzmuseum in Wildeck-Obersuhl oder Point Alpha in der Rhön besucht, aber auch mit Zeitzeugen gesprochen. Dafür war ich am ehemaligen Grenzübergang Herleshausen unterwegs und habe in meiner alten Heimat einige Spuren gesucht und gefunden.
Deshalb ist diese Lesung auch eine besondere für mich.
Samstag, 28. Oktober um 19.30 Uhr
Bürgersaal Poststraße 17 36199 Rotenburg a. d. Fulda
Vor einigen Tagen fand in Duisburg der Mammutmarsch Ruhrgebiet 2023 statt. Also nicht nur in Duisburg, aber im dortigen Landschaftspark Duisburg (LaPaDu) befanden sich Start und Ziel. An insgesamt zwei Tagen konnte man unterschiedliche Distanzen zurücklegen: 30 und 55 km am Samstag, 45 km am Sonntag. Unterm Strich also 30, 45, 55, 75 oder 100 km. Die Strecke führte uns an oder durch einige Industriedenkmäler, besondere oder wichtige Orte, aber auch durch erstaunlich viel Natur. Auch wenn nicht jeder Kilometer schön war, so habe ich doch einiges vom Ruhrgebiet sehen können, was mir sonst vielleicht verborgen geblieben wäre.
Im Landschaftspark Duisburg
Die Wanderung
Wer mich und meinen Blog kennt, weiß, dass ich leidenschaftliche Alleinwanderin bin. Ich liebe es, mit mir und meinen Gedanken durch die Landschaft zu gehen, meinen Blick schweifen zu lassen, Schönes und Neues zu entdecken, mich dabei zu bewegen und herauszufordern und für die Zeit der Wanderung einfach nur ich zu sein – ohne Verpflichtungen und ohne Kompromisse mit anderen Menschen. Das ist für mich der Inbegriff von Freiheit.
Dass ich das beim Mammutmarsch im Ruhrgebiet nicht bekommen werde, war mir natürlich von Anfang an klar. So grün es dort auch sein mag, aber Fernblicke sind rar gesät und die Natur ist noch stärker reguliert als in den Mittelgebirgen, wo ich mich am liebsten bewege. Aber darum ging es mir auch gar nicht. Ich wollte einfach mal eine von anderen festgelegte Strecke gehen, mich von der „Herde“ mitziehen lassen und schauen, wie es mir in so einer – gut organisierten – Massenveranstaltung gefällt.
Am Mammutmarsch Ruhrgebiet haben 7.500 Menschen teilgenommen, die in unterschiedlichen Startgruppen zu mehreren hundert Menschen loszogen. Es gab viel Musik, einen Countdown, einen Schlachtruf („Mammut! Marsch!“) und richtig gute Stimmung. Auf den ersten Kilometern fiel ich direkt weit zurück, weil ich so viel fotografiert habe. Unterwegs kam ich immer wieder mit anderen ins Gespräch, mit einem anderen Mammut bin ich ein paar Kilometer gemeinsam gegangen und er hat mir viel vom Ruhrgebiet und den vielen Möglichkeiten dort erzählt. Ein bisschen Heimatkunde und Geschichte war auch dabei und ich habe mich sehr wohl gefühlt. Außerdem flogen die Kilometer nur so dahin.
Der „Zauberlehrling“ in Oberhausen, im Hintergrund der Gasometer.
Das Teilnehmerfeld zog sich, aber alle, mit denen ich unterwegs ins Gespräch kam, habe ich entweder an einem der Versorgungspunkte oder auf der Strecke wiedergetroffen. Die beiden Versorgungspunkte für meine Strecke waren gut gewählt: einmal im Park von Haus Ripshorst und einmal im OLGA-Park, beides in Oberhausen. Hier gab es Snacks und Getränke und viel Motivation und gute Laune. Schuhe wurden ausgezogen, Blasen versorgt, geächzt und gehumpelt – und sicherlich hat der eine oder die andere an einem dieser Punkte entschieden, den Marsch dort zu beenden.
Das Ziel
Je näher ich dem Ziel im Landschaftspark Duisburg kam, desto voller wurde die Strecke. Das hatte einmal damit zu tun, dass viele Mammuts immer langsamer wurden und sogar ich als „Wanderschnecke“ viele überholte (unterwegs wurde ich eigentlich die ganze Zeit überholt, was mir aber total egal ist). Aber auf den letzten zehn Kilometern wurden die 30 Kilometer- und die 55 Kilometer-Strecke zusammengeführt, sodass dann tatsächlich mehr Leute auf dem Weg waren. Zwischendrin gab es ein paar Engstellen, bei denen man vor lauter Überfüllung gar nicht richtig gehen konnte. Das hat zwar ein bisschen genervt, ist aber bei so vielen Menschen unvermeidlich.
Unterwegs gab es vereinzelte Schilder vom Veranstalter (die Schilder mit der Anzeige von 10 bzw. 20 Kilometer waren Foto-Hotspots, für die man sich anstellen musste!), im Zielgebiet wurde aber noch einmal richtig motiviert, was mir gut gefallen hat. Ich bin mir sicher, dass die relativ hohe Geschwindigkeit im Pulk auch damit zu tun hatte.
Der Zieleinlauf selbst war toll: Jedes einzelne Mammut wurde mit Musik, Rasseln und Klatschen beim Zieleinlauf begrüßt und bekam eine Medaille umgehängt – und zwar alle, auch diejenigen, die erst spät am Abend ins Ziel kamen. Da hat sich sogar ein bisschen Rührung in mir breit gemacht.
Leider kam gegen Ende Regen auf, was die Stimmung insgesamt eher gedämpft hat. Im Regen und auf nassen Bänken sitzt man einfach nicht so gern beisammen, erst recht nicht, wenn man nach der Anstrengung auch noch eine relativ lange Heimfahrt hat.
Mein Fazit
Der Mammutmarsch Ruhrgebiet 2023 hat Spaß gemacht, die Organisation war gut und man hat sich eigentlich um alle und alles gekümmert. Mehr Mülleimer entlang der Strecke wären gut gewesen, da es an den Verpflegungsstellen Bananen und Müsliriegel gab. Der Abfall quoll aus den wenigen überfüllten städtischen Mülleimern oder lag direkt auf und neben der Strecke. Das war nicht so schön.
Rein sportlich lief es für mich wie erwartet: Ich kam gut durch, die 30 Kilometer sind nicht Nichts, waren aber gut zu bewältigen. Ich hatte am nächsten Tag nicht mal Muskelkater, nur etwas schwere Beine. Blasen hatte ich auch keine, aber ich habe meine Füße gut vorbereitet und die Barfußschuhe waren dann offensichtlich tatsächlich die richtigen (mehr dazu in meinem vorherigen Beitrag zum Mammutmarsch).
Medaille, Finisher-Armband und T-Shirt
Und jetzt das Aber: Es war mir stellenweise zu voll. Zu viele Menschen, zu viele negative Gespräche um mich herum (ich hatte den Eindruck, dass nur über Probleme gesprochen wurde) und viel zu viel Asphalt. Letzteres wusste ich natürlich vorher, aber wie schädlich das lange Laufen auf Asphalt für meine Gelenke wirklich ist, merke ich erst jetzt im Nachhinein. Ich habe meine beginnende Arthrose unterschätzt und sitze nun mit einem entzündeten Knie hier am Schreibtisch. Das ist sehr unangenehm und für mich auch eine traurige Wahrheit: Gesundheitlich ist einfach nicht mehr alles drin. Zumindest keine 50.000 Schritte vorwiegend auf Asphalt. Unterwegs hatte ich keinerlei Schmerzen, die mich ja zumindest gewarnt hätten. Beim Laufen war alles tip-top, erst nach der langen Pause nach dem Zieleinlauf begann der Schmerz und ist seither nicht mehr vergangen. Mal schauen, wie es damit weitergeht und wann ich wieder Sport machen kann – oder überhaupt erstmal schmerzfrei gehen.
Einen faden Beigeschmack hatten dann einige Diskussionen in der zugehörigen Facebook-Gruppe. Einige Sport-Wanderer beschwerten sich tatsächlich, dass sie von den langsamen Wanderern ausgebremst wurden und diese damit ihre Pace (gemessene Geschwindigkeit) versaut hätten. Natürlich sind das nur Einzelfälle, aber sie unterstreichen noch einmal mein Gefühl, dass diese Wanderevents nichts für mich sind. Ja, es ist beeindruckend, wie viele Menschen die 55 Kilometer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von mehr als 6 km/h gegangen sind. Ich kann das nicht. Aber niemand weiß, welche Opfer die langsamen Wanderer bringen, wie schwierig es für sie gewesen ist, überhaupt zu starten und wie viel Glück es für viele bedeutet, dann nach 30 Kilometern auch ins Ziel zu kommen. Wie viele Menschen hatten keine Zeit für die Vorbereitung, weil sie einen unglaublich kräftezehrenden Alltag haben? Für wie viele Menschen ist so eine lange Wanderung – inklusive Zielapplaus und Medaille – ein absolutes Highlight, weil sie sich nicht vorstellen konnten, es überhaupt zu schaffen? Weil sie lange verletzt waren, chronisch krank sind, sich für eine große Gewichtsabnahme belohnen oder nach einer schwierigen Lebensphasen mal wieder richtig spüren wollen? Vielen hat man angesehen, wie strapaziös die Wanderung für sie war. Und nicht wenige sind mit feuchten Augen ins Ziel gegangen, weil sie für sich etwas Unglaubliches geleistet haben. Das zählt und das ist wichtig und das macht auch den Reiz solcher Veranstaltungen aus. Die eigenen Grenzen kennenlernen und überschreiten. Sich von der Masse motivieren zu lassen und etwas vollbringen, was man vorher für unmöglich hielt.
Ich bin sehr froh, dass ich den Mammutmarsch ausprobiert habe und hatte auch Spaß dabei. Aber es ist einfach nicht meine Art zu wandern. Ich bin nach wie vor lieber allein im Wald und auf den Höhen und mit mir und meinen Gedanken. Aber ich weiß jetzt auch, dass ich das Ruhrgebiet unbedingt mal mit dem Fahrrad erkunden möchte. Ich glaube, dass man da unheimlich viel entdecken kann – und dann ist Asphalt sogar der richtige Untergrund. Aber erstmal muss jetzt mein Knie heilen.
Für dieses Jahr habe ich mir einige sportliche Herausforderungen vorgenommen und mich manchen auch schon gestellt: So habe ich im Januar die Prüfung zum 5. Kyu – dem ersten violetten Gürtel – im Shotokan-Karate bestanden. Die größte Herausforderung und damit ein Lebenstraum steht mir allerdings Ende Juli/Anfang August bevor: die Alpenüberquerung. Dazu werde ich natürlich noch ausführlicher schreiben. Weil ich wegen der Alpenüberquerung gerade so gut im Wander-Training bin, kam mir – mehr oder weniger zufällig – ein passendes Event dazwischen: ein Mammutmarsch. Neulich habe ich beim Durchscrollen bei Facebook Werbung für den Mammutmarsch entdeckt und mich daran erinnert, dass ich mich vor ein paar Jahren schon einmal damit beschäftigt, letztlich aber nicht teilgenommen habe. Diesmal habe ich nicht lange überlegt und mich am nächsten Tag direkt angemeldet. Allein schon, um mir diese Chance nicht schon wieder entgehen zu lassen. Und ja, auch, um meinen inneren Schweinehund direkt zu verwarnen …
Was ist ein Mammutmarsch?
Extremwanderungen sind schon seit einigen Jahren in und werden unter unterschiedlichen Namen veranstaltet: Megamarsch, 100 km- Wanderung, 24 Stunden-Wanderung, Marathon-Wanderung – oder eben Mammutmarsch. Bei all dem geht es darum, die persönlichen Grenzen kennenzulernen und, wenn möglich, zu überwinden. Vieles findet im Körper statt, in den Muskeln und Gelenken, das Wichtigste passiert aber im Kopf. Irgendwann im Laufe der Wanderung wird sich zeigen, wie stark man mental ist. Ob man mit den unweigerlichen Schmerzen umgehen kann, mit der Erschöpfung, der Unlust, der Frage nach dem Sinn des Ganzen, mit der Müdigkeit und der Einsamkeit.
Eine Bekannte, die schon einige Ultrawanderungen unternommen hat, meinte mal, die letzten 5 Kilometer seien die schwierigsten. Egal, ob sie 20 Kilometer hinter sich hat oder 70. Immer, wenn ich denke, es geht nicht mehr, denke ich an diesen Spruch und komme dann jedes Mal wieder weiter.
Ultrawanderungen (oder Extremwanderungen) haben in der Regel eine definierte Strecke und ein ungefähres Zeitfenster. Je nach Streckenlänge sind das zwischen 12 und 24 Stunden. Ja, genau. 24 Stunden. Ein ganzer Tag. Mit allen Phasen, die so ein Tag hat: Essensphasen, Ruhephasen, aktive Phasen, Schlafphasen. All das wird ignoriert und stattdessen gewandert. Bei Licht und bei Schatten, in der Sonne, im Regen, in der Mittagshitze und vor allem auch in der Nacht. Wenn es kalt wird, man erschöpft ist, Hunger hat, alles weh tut und man außerhalb des Lichtkegels der Stirnlampe nichts mehr sieht. Wahnsinn!
Ich bin mir relativ sicher, dass mir für die 100 Kilometer – resp. 24 Stunden – Geduld und Biss fehlen. Und ja, auch der Mut und die Leidensfähigkeit. Umso schöner, dass es auch kürzere Distanzen gibt. Der „Little Mammut“-Marsch im Ruhrgebiet wird in Distanzen von 30, 45 und 55 Kilometer innerhalb von zwei Tagen angeboten. Man kann also entweder 30, 45, 55, 75 oder 100 Kilometer in einem bzw. zwei Tagen wandern. Ich habe mich fürs erste Mal für die kurze Distanz von 30 km entschieden, liebäugel aber schon mit den nächsten Terminen und einer längeren Strecke. Mal schauen, wie es am Samstag wird!
Auf die Strecke an sich freue ich mich jedenfalls schon. Der Lauf beginnt und endet im Landschaftspark Duisburg und führt an einigen Industriedenkmälern vorbei. Die Strecke über 55 Kilometer beinhaltet zum Beispiel die berüchtigte Treppe am Tetraeder in Bottrop und Zeche Zollverein in Essen. Ich lasse mich überraschen, was ich auf der 30 Kilometer-Distanz so alles sehen werde.
Die Vorbereitung
Ehrlich? Ich habe mich gar nicht wirklich vorbereitet. Zum Einen habe ich mich nur für die 30 Kilometer-Strecke angemeldet. Das halte ich für machbar, obwohl ich überhaupt erst ein Mal so weit gewandert bin. Das war vor ein paar Jahren am Grünen Band zwischen Gerstungen in Thüringen und Herleshausen in Hessen. Das Grüne Band befindet sich auf der ehemaligen „Zonengrenze“ zwischen der DDR und der BRD und ist knapp 1.400 Kilometer lang. Die von mir begangene Etappe war 30 km lang und hatte – im Gegensatz zum Mammutmarsch in Duisburg – einige Höhenmeter.
Neben der vergleichsweise kurzen Strecke bin ich aktuell auch verhältnismäßig fit. Die Vorbereitungen auf die Gürtelprüfung in Karate und das regelmäßige Training machen sich nach wie vor bemerkbar. Der Hauptgrund ist aber, dass ich mich ohnehin auf die Alpenüberquerung vorbereite. Dafür mache ich regelmäßig Nordic Walking und habe mir Monatsziele gesetzt. Das sind zwar meist kürzere Strecken unter 8 Kilometer, dafür aber regelmäßig. Und ich liebe es, mit meinem E-Bike durch die Gegend zu fahren (zuletzt z.B. durch den Westerwald. Mit Unterstützung überhaupt kein Problem)! Jaja, ich weiß – E-Bikes werden von vielen Leuten belächelt. Aber man radelt ja trotzdem und kann dadurch den Bewegungsradius deutlich vergrößern.
Zur Vorbereitung habe ich eine einzige längere Wanderung gemacht, und zwar den Hilchenbacher Höhenring. Der ist etwa 22 Kilometer lang, geht einmal rund um Hilchenbach im Siegerland und bietet sehr viele schöne Aussichten auf das Rothaargebirge und den Westerwald.
Für mich ist also der Mammutmarsch an sich eher Teil der Vorbereitung für die Alpenüberquerung.
Die Ausrüstung
Verpflegung
Da es auf den organisierten Märschen immer auch Versorgungspunkte gibt, muss man sich zumindest ums Essen schon mal keine Gedanken machen. Ich werde eine Packung Studentenfutter mitnehmen, ein Päckchen Traubenzucker und zwei oder drei Müsliriegel. Der große Hunger kommt eh erst hinterher, und dann kaufe ich mir etwas vor Ort. An den Versorgungspunkten gibt es Obst, Gemüse, Brötchen, Snacks und Getränke. Das sollte reichen, denn länger als nötig werde ich mich dort nicht aufhalten. Ich gehöre zu den Menschen, die nach einer längeren Pause erstmal wieder Zeit brauchen, um in die Gänge zu kommen. Wichtiger als Essen ist Wasser. Davon werde ich zwei Liter mitnehmen – das sollte bis zum nächsten Versorgungspunkt reichen, außerdem muss das ja auch alles getragen werden.
Ausstattung
Die Probewanderungen im Vorfeld dienen natürlich nicht nur der Fitness, sondern sind auch ein Ausstattungscheck. Das ist umso wichtiger, je länger man unterwegs ist. Denn Schuhe, die beim Kauf noch super sitzen, können nach 10 Kilometern drücken, nach 15 Kilometern Blasen verursachen und nach 25 Kilometern verhasst in die Büsche geworfen werden (naja, zumindest im übertragenen Sinn). Auch die Hose kann nach einiger Zeit unangenehm reiben oder der Rucksack nach fünf Stunden Scheuerstellen hervorrufen.
Wandern mit Barfußschuhen
Mein Problembereich sind die Schuhe. Seit vielen Jahren trage ich, wenn überhaupt, nur Barfußschuhe. Dadurch sind normale Schuhe, egal wie breit und weich sie auch sein mögen, mittlerweile einfach nur unbequem. Da merke ich erstmal, was ich meinen Füßen all die Jahre über angetan habe. Den Jakobsweg 2019 bin ich noch mit normalen Wanderschuhen gegangen, das hat damals auch gepasst. Mittlerweile taugen mir die aber nur noch für kurze und sehr schlammige Wege; auf längeren Strecken trage ich wegen der Dämpfung Schuhe von Five Fingers. Die sind allerdings nicht wasserdicht.
Nach sehr langer und intensiver Recherche habe ich für die Alpenüberquerung endlich Barfuß-Bergstiefel von Vivobarefoot gefunden. Die haben eine tiefe Profilsohle, sind aber trotzdem sehr weich und biegsam und haben höchstens optisch etwas mit den typischen Wanderschuhen zu tun. Das Ruhrgebiet, vor allem aber die Strecke vom Mammutmarsch, hat so gar nichts mit Bergen und Geröll zu tun und die Höhenmeter sind auch sehr überschaubar. Trotzdem werde ich meine Bergstiefel anziehen, auch wenn sie auf den ersten Blick völlig übertrieben wirken. Die meisten Menschen tragen auf Ultra- und Extremwanderungen Trailrunner, weil sie relativ leicht und elastisch sind und außerdem auch leicht und trotzdem gedämpft. Auch Christine Thürmer, die „meistgewanderte Frau der Welt“ (Outdoor-Interessierte werden sie sicher kennen) trägt auf ihren Touren Trailrunner. Würde ich wohl auch, wenn ich bisher welche gefunden hätte, deren Zehenbox breit genug ist. Nun ja.
Wer also diesen Text liest und beim Mammutmarsch eine Frau mit scheinbar schweren Lederstiefeln sieht: Das bin ich. Und die Schuhe sind viel leichter und gemütlicher, als sie aussehen!
Rucksack
Für mein bisschen Gepäck (Verpflegung, Sonnenschutz, Powerbank, Wanderstöcke, Handtuch und Jacke) nehme ich meinen Leichtrucksack von Osprey, der hat sich schon auf dem Jakobsweg bewährt. Der ist mit 38 Litern zwar etwas groß, dafür sitzt er perfekt und ist viel leichter als mein 28 Liter-Rucksack von Deuter. Aber im Grunde reicht vermutlich ein 20 Liter-Rucksack (oder sogar noch weniger). Hauptsache, er sitzt gut!
Endlich wieder lesen! Am Mittwoch, 25.01.2023 lese ich in der Qulturwerkstatt in 57250 Netphen-Deuz aus „Kuckucksspiel“. Das Buch war lange ausverkauft, deswegen fanden auch keine Lesungen daraus statt. Deshalb nutzt die Gelegenheit – ich freue mich auf euch! Neben der hoffentlich unterhaltsamen Lesung und der Möglichkeit, Bücher zu kaufen und signieren zu lassen, bekommt ihr auch Snacks und ein Begrüßungsgetränk.
Infos und Tickets gibt es direkt bei der Qulturwerkstatt: Qulturwerkstatt e.V. Zaunstraße 1d 57250 Netphen-Deuz
Die Qulturwerkstatt befindet sich in unmittelbarer Nähe des Alten Bahnhofs Deuz, wo man auch parken kann. Mehr zur Veranstaltung findet ihr hier: Lese-Qafé im Q: Klick
Worum geht es in Kuckucksspiel?
Klappentext:
Er beobachtet, er verfolgt und er tötet. Wer ist sein nächstes Opfer?
Im Wald in der Nähe von Siegen wird auf einem historischen Richtertisch eine Frauenleiche gefunden – hergerichtet wie am Pranger. Kommissarin Natascha Krüger und ihre Kollegen ermitteln und erfahren bald, dass in dem kleinen Dorf im Rothaargebirge eine weitere Frau bedroht wird. Welches Geheimnis verbindet die beiden jungen Mütter? Und welche Rolle spielen die Menschen im Dorf, die eine verschworene Gemeinschaft bilden?
Umfassend überarbeitete Neuauflage von „Kuckucksbrut“, erschienen bei Bastei Lübbe.
Hier geht es zur Leseprobe von Kuckucksspiel: Klick
Inhaltlich werde ich mich an den Inhalten meines Ratgebers „11 Schritte ins Glück – Zero Waste, plastikfrei und Minimalismus für Einsteiger“ orientieren. Seit der Veröffentlichung hat sich einiges getan, sowohl von politischer Seite als auch in der Gesellschaft. Nicht zuletzt die trockenen Sommer der letzten Jahre haben uns gezeigt, dass wir uns in einer Notlage befinden.
Aber keine Angst, wir werden uns nicht mit Horrorszenarien beschäftigen! Ich möchte euch Hintergründe, Ideen und konkrete Beispiele mit auf den Weg geben, damit wir alle mehr ins Handeln kommen. Der Fokus soll auf nachhaltigem Konsum liegen (und ich verrate nicht zu viel, wenn ich euch sage, dass hier weniger wirklich mehr ist!). Als positiven Nebeneffekt kann man mit nachhaltigem Konsum auch noch Geld sparen, wovon wir aktuell wohl alle profitieren können. Die Umstellung muss nicht von heute auf morgen passieren und sie muss auch nicht perfekt sein, denn: Jeder Schritt zählt!
Die #16Summits, oder auch „16 Gipfel“, ist meine persönliche Challenge: Ich möchte von allen 16 Bundesländern die jeweils höchste natürliche Erhebung besteigen, wobei „besteigen“ nicht immer ganz wörtlich zu nehmen ist. Mehr über die Challenge erfahrt ihr hier: 16 Summits oder 16 Gipfel – hoch hinaus in Deutschland.
Den Anfang macht der Langenberg, mit 843,5 Metern der höchste Berg in Nordrhein-Westfalen, meiner Wahlheimat.
Der Langenberg liegt im Rothaargebirge, zwischen Olsberg und Winterberg in Nordrhein-Westfalen und Willingen in Hessen, ziemlich genau auf der Grenze der beiden Bundesländer.
Irrtümlich wird immer wieder der Kahle Asten als höchster Berg NRWs bezeichnet, aber er ist fast zwei Meter niedriger als der Langenberg, nämlich 841,9 Meter. Dafür ist der Kahle Asten die höchstgelegene asphaltierte Stelle in Nordrhein-Westfalen, sodass man einfach hochfahren kann und sich die Mühen einer Wanderung spart. Dafür ist man dann aber auch nur auf dem zweithöchsten Gipfel NRWs.
Allerdings hat man vom Kahlen Asten eine grandiose Weitsicht über das Rothaargebirge und angeblich auch bis zum Brocken im Harz, der Wasserkuppe in der Rhön und den Taunus.
Der Langenberg bietet leider nichts von alledem, sein Gipfel ist, typisch für das Rothaargebirge, von Bäumen umgeben. Meine Wanderung im September 2020 führte noch durch Nadel- und Mischwälder, ein Blick auf Google Maps zeigt mir aber, dass auch der von mir eingeschlagene Weg mittlerweile Opfer großflächiger Abholzungen wurde. Der Borkenkäfer freut sich über jeden geschwächten Baum, und ich vermute, dass man in absehbarer Zeit auch vom Langenberg große Fernsicht haben wird.
Doch der Weg zum höchsten Berg Nordrhein-Westfalens bietet auch unterwegs genügend aussichtsreiche Punkte, nicht zuletzt vom Clemensberg (837 Meter). Rund um den Langenberg gibt es jede Menge Wanderwege, man kann beinahe von jedem beliebigen Punkt starten und sich eine Route nach Wunsch aussuchen. Ich habe mich für folgenden Rundweg entschieden: Zur Spitze des Rothaargebirges: höher geht’s nicht.
Letztlich bin ich – laut Komoot – 14,8 km gelaufen und habe dabei 410 Höhenmeter bergauf mitgenommen und 420 Höhenmeter bergab.
Jede Menge Wanderwege
Die Niedersfelder Hochheide und der Clemensberg
Startpunkt war der kostenpflichtige Parkplatz am Hillebachsee bei Niedersfeld. Durch das Wohngebiet geht es recht steil bergauf, bis man nach etwa 3 Kilometern die Hochheide Hütte erreicht, in der man auch einkehren kann. Wegen des nahe gelegenen Parkplatzes ist das gesamte Gebiet insbesondere an schönen Tagen sehr gut besucht.
In unmittelbarer Nähe befindet sich der Start des 5 km langen „Goldenen Pfads“, einem Landschafts-Therapiepfad. Er führt durch die Niedersfelder Hochheide und hält verschiedene Stationen bereit – Sinnsprüche, Märchenbücher, eine Liegeinsel zwischen Bäumen. Den Goldenen Pfad erreicht man auch ganz einfach vom Parkplatz der Hochheide Hütte, wenn man nicht ganz so gut zu Fuß ist.
Ein Gang durch die Niedersfelder Hochheide ist definitiv empfehlenswert, vorher sollte man aber noch einen Abstecher zum Clemensberg unternehmen. Da der Langenberg eher unspektakulär daherkommt, kann man hier vom Gipfelkreuz aus Richtung Winterberg und zum Kahlen Asten blicken und sich ins Gipfelbuch eintragen. Weil er so leicht zu erreichen ist, ist man allerdings eher selten alleine auf dem Gipfel.
Auf dem Gipfel des Clemensberges
Auf dem Rothaarsteig
Hat man die Hochheide im Naturschutzgebiet Hoher Hagen durchquert, gelangt man auf den Rothaarsteig. Bis zum Gipfel des Langenbergs folgt man nun dem liegenden weißen R auf rotem Grund. Dieser Bereich ist Teil der zweiten Rothaarsteig-Etappe von Willingen nach Winterberg, und so kamen mir auch gelegentlich schwer bepackte Wanderer entgegen, die vermutlich mehrere Tage auf dem Rothaarsteig unterwegs waren.
Die Hochheide im Naturschutzgebiet Hoher Hagen
Der Langenberg
Am Oberen Burbecker Platz kann man auf den Bänken noch einmal kurz Luft holen, bevor es dann zum Langenberg empor geht. Das letzte Stück ist etwas schmaler als der Wirtschaftsweg und man steht dann fast überraschend oben auf dem Gipfel. Dort erwartet einen das Gipfelkreuz nebst Stempel, mehrere Sitzgelegenheiten und eine Holz-Hängematte. Ich hatte Glück, und die Hängematte war frei, sodass ich erstmal meine Schuhe auszog und zum Entspannen die Füße hochlegte. Fernblick hat man, wie erwähnt nicht, aber wenn sich die Trockenheit der letzten Jahre fortführt, kann man in absehbarer Zeit wohl ebenso weit blicken wie vom Kahlen Asten.
Abhängen auf dem höchsten Berg von NRW
Der Rückweg
Zurück ging es vom Oberen Burbecker Platz zum Unteren Burbecker Platz, von dem aus viele Wanderwege abzweigen. Ich entschied mich für den relativ direkten Weg nach Niedersfeld. Kommt man von oben, ist man relativ schnell unten, wer jedoch meinen Weg in umgekehrter Richtung geht, bringt seinen Kreislauf auf diesem Abschnitt richtig in Schwung. Bis zum Parkplatz am Hillebachsee muss man fast durch den ganzen Ort laufen, findet dort aber auch Einkehrmöglichkeiten, einen Supermarkt, eine Obst- und Gemüsescheune und mehrere Ferienwohnungen und –zimmer. Auch an mehreren Bushaltestellen kommt man vorbei.
Fazit
Es gibt verschiedene Wege hinauf auf den Langenberg – aber egal, welchen man nimmt: Die Hochheide im Naturschutzgebiet Hoher Hagen ist immer einen Abstecher wert. Alles in allem kann man bei einer Wanderung auf den Langenberg einen schönen Tag im naturreichen Rothaargebirge verbringen und bekommt fast alles, was man sich wünschen kann: Natur, Ausblicke, Unterhaltung, Einkehrmöglichkeiten und streckenweise Menschenleere.
Eingang zum 5 km langen Goldenen Pfad
Die übrigen Erhebungen der 16 Summits:
Saarland: Dollberg (695,4 Meter)
Rheinland-Pfalz: Erbeskopf (816,3 Meter)
Niedersachsen: Wurmberg (971,2 Meter)
Sachsen-Anhalt: Brocken (1141,2 Meter)
Hessen: Wasserkuppe (950 Meter)
Thüringen: Großer Beerberg (982,9 Meter)
Baden-Württemberg: Feldberg (1493 Meter)
Schleswig-Holstein: Bungsberg (167,4 Meter)
Bayern: Zugspitze (2962,1 Meter)
Berlin: Erhebung der Arkenberge (120,7 Meter / künstliche Aufschüttung, gesperrt); höchste natürliche Erhebung: Großer Müggelberg (114,7 Meter)
Gipfelkreuz auf dem Langenberg, Nordrhein-Westfalen
Ich weiß nicht mehr, wann ich das erste Mal auf die Idee stieß, aber ich war sofort angefixt: Bei der 16 Summits– oder 16 Gipfel-Challenge geht es nicht um die 16 höchsten Berge Deutschlands, sondern um die jeweils höchste natürliche Erhebung eines jeden Bundeslandes. Mit Bergen im landläufigen Sinn hat es also nicht immer etwas zu tun.
Ich bin ja Fan von Zahlen und Statistiken, und vom Wandern sowieso. Also war schnell klar, dass ich das auch machen will … ? Es gibt keine Stempelkarten, keine Anmeldung, nicht mal eine Facebookgruppe. Aber viele Wanderer, die diese Idee aufschnappen und auf eigene Faust losziehen.
Mittlerweile habe ich die Hälfte geschafft und werde nach und nach hier im Blog darüber berichten. Vielleicht gibt es unter euch ja Nachahmerinnen oder jemanden, der noch eine neue Idee zum Wandern sucht? Oder habt Ihr euch ohnehin schon auf den Weg gemacht?
Hier habt Ihr schon mal eine Liste – Ihr werdet sehen, dass die Herausforderungen unterschiedlicher kaum sein können!
Die Stadtbibliothek Kreuztal produziert mit „Bibliothek begeistert“ einen sehr sympathischen Podcast.
Alle zwei Wochen erscheint eine neue Folge, in der die Mitarbeiterinnen über Bücher und Medien sprechen. Für Folge 12 mit dem Thema „Heimat“ war ich als Gast geladen. Es geht darin u.a. um Kuckucksbrut, meine Herangehensweise an einen neuen Roman, über die Mörderischen Schwestern und Frauen in der Literaturbranche.
Hört mal rein – ich finde die Folge, aber auch den Podcast insgesamt, sehr gelungen! Hier geht es direkt zu Folge 12: Klick
Die Hinrichtungsstätte „det fikante Loch“ in Wilnsdorf spielt eine besondere Rolle in „Kuckucksspiel“.
An dieser Stelle wurden früher „Malefikanten“ hingerichtet, nachdem sie zuvor am Richtertisch verurteilt wurden. Der Richtertisch befindet sich ein Stückchen weiter oben und bekommt noch einen eigenen Blogeintrag.
Das Buch am Inspirationsort
Aufmerksam geworden bin ich durch eine Freundin, die mir von einem alten Richtplatz „irgendwo im Wald bei Wilnsdorf“ erzählte. Also habe ich mich an meinen Rechner gesetzt, ein bisschen im Netz gesucht und wurde schnell fündig. Und noch schneller war mir klar, dass dieser Ort unbedingt in einen Krimi gehört!
Det fikante Loch
Die Inschrift der Platte lautet:
DET FIKANTE LOCH Nachdem an dem Femgericht Freistuhl Hoheroth – 400 M von hier das Urteil über den Malefikanten – Missetaeter – gefällt worden war, wurde es wahrscheinlich hier am Fikante Loch mit Tod durch den Strang vollstreckt
Zu den Femegerichten in Westfalen habe ich ausführlich recherchiert und viel Spannendes erfahren. Um mein Wissen mit der Hauptfigur Natascha zu teilen, habe ich einen Historiker ersonnen, Doktor Hünsborn. Natascha stattet ihm in seinem Büro an der Uni in Siegen einen Besuch ab. Das Gespräch zwischen den beiden hat sich wie folgt zugetragen:
»Guten Tag, Herr Doktor Hünsborn. Krüger von der Kripo Siegen.« Natascha hielt dem Historiker ihren Dienstausweis entgegen. Sie hatte einen weißhaarigen, pfeiferauchenden Universitätsdozenten kurz vor der Pensionierung erwartet und war entsprechend überrascht, einem jungen Wissenschaftler gegenüberzustehen. Hünsborn war etwa Ende Dreißig, hatte einen roten Gabelbart und war ausgesprochen dick. Mit dem langen roten Haar, das ihm in Wellen auf die Schultern fiel, erinnerte er an Obelix. Fehlte nur noch die gestreifte Hose. »Kommen Sie rein!« Hünsborn keuchte und führte sie in ein schmales Büro voller Bücher. Verlegen räumte er einen Bücherstapel von einem schwarzen Plastikstuhl und bat sie, sich zu setzen. »Sie haben Fragen zur historischen Rechtsprechung?« Hünsborn ließ sich ächzend auf seinen Bürostuhl fallen, und Natascha fürchtete, das Gestänge würde das Gewicht nicht auffangen können. Aber der Stuhl hielt. »Erzählen Sie mir bitte mehr über die Rechtsprechung im mittelalterlichen Siegerland!« Nataschas Blick blieb an einem mehrbändigen Nachschlagewerk zur Grafschaft Nassau-Oranien hängen; von einem der Buchrücken schaute ihr der in Siegen allgegenwärtige Fürst Johann Moritz entgegen. »Wer wurde denn an dem Richtertisch in Wilnsdorf verurteilt? In der Inschrift am Richtertisch geht es um ein Femegericht und um zwölf femewürdige Vergehen. Können Sie mir mehr darüber erzählen?« »Ja, wissen Sie«, begann Hünsborn und verschränkte die Arme vor seinem massigen Bauch. »Es ist vermutlich nicht so, wie Sie sich das vorstellen.« Wieder hüstelte er, und Natascha wartete, dass er endlich zur Sache kam. »Zwischen dem vierzehnten und Anfang des sechzehnten Jahrhunderts waren die Femegerichte in Westfalen weit verbreitet. Auch heute noch ranken sich viele mystische Geschichten um diese Freigerichte oder Freistühle; man munkelt von heimlichen Sitzungen in dunklen Höhlen und anderen Abenteuerlichkeiten. Aber so war es in Wirklichkeit nicht. Die Femegerichte waren in erster Linie für Vergehen zuständig, die man damals ‚handhafte Tat’ nannte. Es wurde beispielsweise einberufen, wenn jemand in flagranti erwischt worden war. Diese Gerichte waren zusammengesetzt aus Freigrafen und mehreren Schöffen, ihr Hauptsitz war in Dortmund.« Hünsborn lehnte sich in seinem wackligen Stuhl zurück und schien langsam warm zu werden. »Könnten Sie das Ganze bitte etwas abkürzen? Ich fürchte, unser Zeitfenster reicht nicht für die Langversion.« Sie versuchte, ihre Beine auszustrecken, stieß aber gegen einen der vielen Mappenstapel auf dem Boden. Also zog sie die Knie wieder an und verharrte in der unbequemen Sitzhaltung.
Die drei Stelen und die mit Moos überwachsenen Findlinge
Im weiteren Verlauf des Gesprächs wird Natascha noch mehr über mittelalterliche Strafmethoden erfahren, was auch für die Bewertung des Falles in Kuckucksspiel wichtig ist. Aber ich will hier ja nicht alles verraten … :)
Ihre Augen waren geschlossen, die Gesichtszüge entspannt, der Mund leicht geöffnet. Die weißen Brüste waren ein wenig zu groß für seinen Geschmack, aber die Rundung ihres Bauches gefiel ihm. Der Gummibund ihres orangefarbenen Rockes war ein Stück nach unten gerutscht, die Knochen der Beckenschaufel zeichneten sich unter der sonnengebräunten Haut ab. Dort, wo sonst ihr Bikinihöschen saß, lugte unschuldiges Weiß hervor. Zarter blonder Flaum bedeckte ihre Haut. Unzählige Male hatte er sie im Bikini im Garten liegen sehen, ihren Körper lange betrachtet. Hatte beobachtet, wie sie sich im Liegestuhl räkelte, die nackten Beine langsam mit Sonnenmilch einrieb und sie dabei elegant in die Höhe reckte. Manchmal trank sie Wasser aus einer Flasche, legte dabei den Kopf in den Nacken und machte den zarten Hals ganz lang. Die roten, leicht gewellten Haare fielen ihr dabei bis zum Ansatz ihres runden Pos. Wenn sie ein Waffeleis schleckte, fuhr sie mit der Zunge langsam und lasziv am Rand der Waffel entlang, steckte spielerisch die Zungenspitze ins Eis und leckte sich die vollen Lippen, als wollte sie ihn mit dieser kleinen Geste locken. Doch damit hatte sie keinen Erfolg gehabt, so leicht war er nicht zu beeindrucken. Zu groß war ihre Schuld gewesen, zu selbstverliebt ihre Inszenierung, als dass sie bei ihm irgendeine andere Gefühlsregung hatte erzeugen können als Hass. Hass auf all das, was ihm angetan worden war, was ihn verletzlich und schwach hatte werden lassen. Das Weib, die Mutter alles Bösen. Doch das war einmal. Nun lag sie vor ihm, bleich und weich und frei von Schuld. Ihre Brüste lockten nicht mehr, ihre Zunge hatte jede Geschmeidigkeit verloren und hing ihr blau und geschwollen aus dem halb geöffneten Mund. Der Hals war nicht mehr zart und lang, sondern eingedrückt. Er blickte noch einmal auf sie herab, verspürte ein leichtes Gefühl des Bedauerns und ließ den Kofferraumdeckel geräuschvoll einrasten. Seine Hände wischte er mit einem Erfrischungstuch ab, das er in ihrer Handtasche gefunden hatte. Es sollte nach Zitrone riechen, doch ihm entströmte nur der Geruch des frühen Todes.
Kapitel 1
Sie rieb sich die Augen, doch es half nichts. Die Dunkelheit ließ sich nicht abstreifen, sie setzte sich an ihr fest wie klebriges Pech. Langsam tastete sie sich vorwärts, spürte das kalte Gestein unter ihren Händen und versuchte, die Wände wegzuschieben. Doch sie kam nicht von der Stelle. Aber vielleicht lief sie ja auch die ganze Zeit im Kreis. Wie sollte sie das so ganz ohne Licht erkennen? Plötzlich spürte sie etwas in ihrem Nacken, fest und warm. Sie wollte sich umdrehen, doch es gelang ihr nicht. Irgendetwas hielt sie im Klammergriff, presste ihren Kopf gegen die kalte Felswand und verhinderte jede Bewegung. Nahm ihr den Atem. Hilfe!, wollte sie schreien, doch aus ihrem Mund kam nur ein Röcheln. Ihr Atem ging schneller, rasselnd. Aber sie hatte das Gefühl, dass ihre Lungen nicht genügend Sauerstoff aufnehmen konnten, egal, wie schnell und verzweifelt sie auch atmete. Sie würde doch jetzt nicht ersticken? Nein, bitte, sie wollte noch nicht sterben, nicht hier in dieser dunklen Höhle!
Natascha Krüger setzte sich ruckartig auf, ihr Herz raste. Sie sah sich hektisch um, entdeckte das Bücherregal an der einen Wand, das Fenster mit der hölzernen Lamellenjalousie auf der anderen, die Tür zum Flur … Mit zitternden Händen ertastete sie die Matratze unter sich, spürte den weichen Stoff der Bettdecke und ließ sich erleichtert zurück aufs Kopfkissen fallen. Sie war zu Hause. Diese verdammten Albträume! Seit ein paar Wochen wurde sie immer wieder von dem gleichen Traum heimgesucht, und jedes Mal befand sie sich in dieser Höhle, aus der es kein Entrinnen gab. Der Wecker zeigte fünf Uhr vierundfünfzig. Langsam tappte sie in die Küche, füllte den Wasserkocher und gab zwei Löffel Kaffee in die French Press. Dann ging sie ins Bad, um sich kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen. Das tat gut. Ihr Spiegelbild sah gar nicht so blass aus, wie sie es erwartet hatte. Trotzdem stachen die Sommersprossen wie kleine dunkle Inseln aus einem Meer der Blässe hervor. Nach dem Duschen fühlte Natascha sich zwar frischer, aber immer noch seltsam ausgelaugt. Das Müsli schmeckte heute irgendwie fad; das Radioprogramm im Hintergrund war belanglos wie immer. Sie goss sich gerade etwas Milch in ihre zweite Tasse Kaffee, als es im Flur piepte. Das Handy meldete den Eingang einer Textnachricht. Wer mochte ihr morgens um kurz vor sieben eine WhatsApp-Nachricht schicken? Simon? Sie merkte, wie ihr Herz einen kleinen Hüpfer machte, eilte in den Flur und öffnete das Nachrichtenmenü. Heute Abend schon was vor? Hast du Lust auf ein Glas Wein? Mein Papa hat wieder ein paar Flaschen aus dem Ahrtal mitgebracht. Küsschen, Tine. Natascha schmunzelte. Okay. Um halb neun bei dir?, antwortete sie und wartete auf Tines Reaktion. Sie starrte auf das Handy in ihrer Hand, und ehe sie richtig wusste, was sie tat, öffnete sie ihr Telefonbuch und wählte eine Nummer, die sie eigentlich auswendig kannte. Am anderen Ende ertönte erst das Freizeichen, dann meldete sich eine elektronische Stimme vom Band. Der Teilnehmer sei momentan nicht erreichbar. Natascha blickte auf die Uhr: Viertel vor sieben. Wahrscheinlich schlief Simon noch. Trotzdem wartete sie den Piepton ab und hinterließ eine Nachricht. »Guten Morgen! Ich hoffe, du bist gestern heil in Berlin angekommen und hast die erste Nacht in dem Schulungszentrum gut geschlafen. Meine Nacht war ein bisschen kurz, aber das ist ja nichts Ungewöhnliches. Meld dich mal!« Sie seufzte. Simon fehlte ihr schon jetzt. Wie sollte sie da bloß die ganze Woche ohne ihn überstehen?
Kapitel 2
Hartmut Sänger zog das Baumwolltaschentuch aus der Hosentasche und tupfte sich die Stirn ab. Es war unglaublich warm, und das schon um acht Uhr morgens. Der Tag würde unerträglich werden. Aber wenn er den historischen Wanderführer wirklich veröffentlichen wollte, dann musste er eben bei Wind und Wetter das Mittelgebirge erklimmen. Seine Heimat, das Siegerland, lag im Dreiländereck von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen, an den Ausläufern von Rothaargebirge und Westerwald. Eingebettet in das Tal der Sieg, lagen die größeren Orte; Siegen als Oberzentrum mit Universität, zwei Schlössern, Kino, Theater und Einkaufsmeilen, ein paar Kleinstädte in den Nebentälern. Und ringsherum vereinzelte Dörfer; manche bestanden nur aus wenigen Straßen und wurden hauptsächlich zum Schlafen und Wohnen genutzt, andere wiederum hatten eine Jahrhunderte zurückreichende Geschichte, bezeugt von historischen Ortskernen mit niedrigen, schmalen Fachwerkhäusern. Jahrzehntelang war das Siegerland von den großen Verkehrswegen abgeschnitten gewesen, Fremde waren selten hergekommen, und so waren die Siegerländer größtenteils unter sich geblieben. Auch heute noch beäugten viele Neues und Fremdes misstrauisch. Doch Hartmut Sänger liebte sowohl die dichten Wälder und die schroffen Höhen als auch das zurückhaltende Temperament der Siegerländer. Es gab meist auch gar keinen Grund, sich vorschnell neuen Moden hinzugeben; das Alte hatte sich schließlich bewährt und sollte auch bewahrt werden. Traditionen spielten auch heute noch eine große Rolle in der Region, die Geschichte des Bergbaus und der metallverarbeitenden Industrie waren allgegenwärtig. Schon seit seiner Pensionierung arbeitete Hartmut Sänger an dem historischen Wanderführer, um Einheimischen und Gästen die Augen für das Schöne und Besondere der Gegend zu öffnen. Deshalb wanderte er schon seit Monaten durch die Wälder, durchkämmte die Täler und fotografierte fast vergessene Plätze entlang der Wanderwege. Nachdem er vierzehn Monate lang alte Stollen und Schächte gesucht, kartografiert und beschrieben hatte, widmete er sich nun einem neuen Kapitel: dem Leben im späten Mittelalter. Es gab im Siegerland nicht mehr viele Zeugnisse dieser dunklen Epoche, deshalb lag ihm dieses Thema besonders am Herzen. Sein erstes Ziel an diesem frühen Montagmorgen war ein alter Richtertisch bei Wilnsdorf, einer Kleinstadt direkt an der Grenze zu Hessen. Sänger wusste nur, dass dieser Richtertisch etwas außerhalb der Stadt im Wald liegen und aus steinigen Überresten bestehen sollte. Es war natürlich Ehrensache, seine Arbeit mit einer ersten Vor-Ort-Recherche zu beginnen. Er parkte den Wagen am Gymnasium und folgte dem Weg, der in den Wald führte. Die dicht gewachsenen Buchen schluckten das Sonnenlicht, es war hier angenehm kühl, und Sänger atmete tief durch. Irgendwo neben ihm zirpten Grillen, ab und an knackte es im Unterholz. Ein Eichelhäher flog zwischen den Bäumen umher und keckerte, als wollte er Sänger begrüßen. Erst nach und nach drangen andere Geräusche an Hartmut Sängers Ohr: Die Autobahn im Hintergrund rauschte monoton, vom nahe gelegenen Gymnasium klang das Geschrei der Schüler herüber. Große Pause, dachte er nach einem Blick auf die Armbanduhr. Nach wenigen Metern erblickte er rechter Hand auf einer kleinen Lichtung drei große hölzerne Säulen, um die niedrige moosbewachsene Findlinge einen Kreis bildeten. Vor den Stelen war ein Marmorschild in den Waldboden eingelassen, und Hartmut Sänger ging neugierig näher. Das musste »det fikante Loch« sein, eine alte Hinrichtungsstätte. Hier hatte wahrscheinlich der Galgen gestanden, an dem im Mittelalter die Verurteilten des Femegerichts gehenkt worden waren. Die Inschrift auf dem Schild am Boden bestätigte Sängers Vermutung. Vierhundert Meter von dieser Stelle entfernt waren am »Freistuhl Hoheroth« die Urteile über die Missetäter gefällt worden, die dann hier »mit Tod durch den Strang« vollstreckt worden waren. Sänger fotografierte die Marmorplatte, die drei Stelen, die gesamte Anordnung. Seine Neugier war entfacht, und voller Vorfreude machte er sich auf den Weg zum vierhundert Meter entfernten Richtertisch. Der Weg stieg steil an, aus dem Buchenwald war ein Mischwald geworden. Nach wenigen Metern nahm Sänger einen Abzweig in einen Fichtenwald und folgte den überwucherten Spurrinnen in der Mitte des Weges. Hinter einem baufälligen Jägerhochsitz öffnete sich eine grasbewachsene Lichtung. Die Sonne warf geheimnisvolle Schatten auf die Wiese, alte Laubbäume umrahmten den abgelegenen Ort. Hartmut Sänger blieb stehen und zückte die Digitalkamera, um diese ersten Eindrücke festzuhalten und später eine möglichst große Auswahl an brauchbaren Fotos zu haben. Er probierte verschiedene Positionen aus, um die Lichtung von verschiedenen Blickwinkeln fotografieren und ihre ganze mystische Schönheit festhalten zu können, setzte einzelne Bäume oder Sträucher in den Fokus und wechselte in verschiedene Belichtungsprogramme. Wenn schon der Weg zu der historischen Stätte so verwunschen war, wie mochte sich dann erst der Richtertisch selbst präsentieren? Sänger hielt die Kamera einsatzbereit in der Hand und ging weiter. In Gedanken schrieb er schon die ersten Zeilen der Geschichte, mit der er den Ort verknüpfen wollte. Die Hexenprozesse, die bis ins siebzehnte Jahrhundert geführt worden waren, könnte er in Verbindung mit dem Richtertisch bringen. Oder eine Episode über einen Aufstand geschundener Bergleute schreiben. Ideen hatte er viele. Vor ihm öffnete sich ein kleiner sonnenüberfluteter Platz, der von einer Eiche gekrönt wurde und wie die Hinrichtungsstätte mit den drei Stelen von moosbewachsenen Findlingen eingerahmt wurde, dreizehn an der Zahl. Aber all das nahm Sänger nur am Rande wahr. Am ganzen Körper bebend, brachte Sänger die Digitalkamera in Position und versuchte, den niedrigen Steintisch unter der Eiche zu fokussieren. Doch es gelang ihm nicht, weil seine Hände so stark zitterten. Mehrmals verrutschte ihm das Bild, auch den Auslöser fand er nicht gleich und schaltete die Kamera einmal sogar versehentlich aus. Das hier durfte nicht wahr sein! Hartmut Sänger wollte nicht glauben, was er sah. Und doch war es so real wie der Richtertisch selbst, die große Steinplatte in der Mitte des Platzes, der vom ausschweifenden Laub der Eiche überdacht war. Dicke schwarze und grüne Schmeißfliegen surrten um Sänger herum; ihr Summen klang seltsam bedrohlich, ja grausam. Endlich gelang es ihm, Fotos zu machen. Er konnte den Finger gar nicht mehr vom Auslöser nehmen, er schien dort festgeklebt zu sein. Hartmut Sänger schoss Foto um Foto, eine ganze Bildergalerie der immer gleichen, starren Szenerie. Denn die Frau auf dem Richtertisch bewegte sich nicht. Würde sich nie mehr bewegen. Fliegen hatten sich in Scharen auf ihr niedergelassen; krabbelten auf der Suche nach Nahrung über ihre nackten Brustwarzen, über Mund und Augen. Hartmut Sänger starrte auf die Leiche, ließ endlich die Kamera sinken und stützte sich am nächstbesten Baum ab, um sich auf den holprigen, mit altem Laub und frischem Moos bedeckten Untergrund zu übergeben.
Die umfangreich überarbeitete Veröffentlichung von „Kuckucksspiel“ erschien zusammen mit dem ersten Teil „Knochenfinder“!
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