Die Wisent-Wildnis in Wittgenstein

Wisente in Wittgenstein

Wisent-Wildnis Wittgenstein

Weil ich letzte Woche einen Beigtrag über Fünf Jahre Wisent-Wildnis in Wittgenstein schrieb, musste ich natürlich umgehend zur Wisent-Wildnis bei Bad Berleburg fahren.

Das Gelände der Wisent-Wildnis liegt auf 590 m Höhe zwischen den Orten Bad Berleburg-Wingeshausen und Schmallenberg-Jagdhaus. Schon von Weitem erkennt man die zwei riesigen Metall-Wisente im Eingangs-Bereich, kann das Gelände also kaum verfehlen.
Wenn man Glück hat, kann man sogar schon vom Parkplatz aus einen Blick auf die Wisente werfen.

Wisent in Wisent-Welt

Wer aber die Möglichkeit haben möchte, den imposanten Vierbeinern Aug‘ in Aug‘ gegenüberzustehen, nimmt lieber den etwa 3 km langen Weg durch das Gehege. Der Eintritt ist moderat; 5,50 € für Erwachsene (ab 1,50 m Körpergröße) und 3,50 € für Kinder (unter 1,50 m Körpergröße), Kinder unter 1 m sind sogar kostenlos. Der Weg selbst ist eher anspruchsvoll und für Kinderwagen nicht geeignet, man kann aber am Eingang Kindertragen leihen.

Dachsbau Wisent-Welt

Die Wisent-Herde

besteht aktuell aus acht Tieren (fünf Bullen und drei Kühe) und befindet sich auf einem eingezäunten Areal. Die Landschaft ist fürs Rothaargebirge typisch, man wandert auf Waldwegen zwischen Fichten, trifft auf einen riesigen Windbruch (ich tippe auf Kyrill 2007), wandert bergauf und bergab und sollte trittfest sein. Wanderschuhe werden empfohlen.

Wir hatten das Glück, die Wisente ziemlich schnell zu entdecken. Während der Mittagssonne lagen sie im Schatten am Waldrand, rupften ab und zu ein paar Stängel Gras und legten sich zum wiederkäuen nieder. Neben dem Weg lagen geschälte Baumstämme, auf denen man sich niederlassen und die Wisente mit Kamera oder Fernglas beobachten konnte.

Ruhende Wisente

Der Rundweg ist sehr abwechslungsreich, und immer wieder gibt es tolle Einblicke in das Wisent-Areal und über die Wipfel des Rothaargebirges. Am Ende des Weges warten die typischen geschwungenen Rothaarsteig-Waldsofas als Schaukeln auf die Wanderer und bieten die Möglichkeit, gemütlich schaukelnd die Wisente zu beobachten.

 

Wisent ganz nah

Grasende Wisente

Bei dieser Gelegenheit entdeckten wir, dass die Wisente mittlerweile ihren Ruheplatz im Schatten aufgegeben und sich näher an die Zäune begeben haben. Also gingen wir an unseren ersten Aussichtspunkt zurück, und tatsächlich kam ein Wisent ganz dicht an den Zaun. Besonders auffällig ist das laute Schnauben, ansonsten bewegen sich die Tiere trotz ihres massigen Körpers sehr ruhig. Kurz darauf kam noch ein zweites Wisent zu uns, und wäre nicht der Elektrozaun auf ihrer Seite gewesen, dann hätten sie vermutlich noch ihre Zungen durch den Zaun gesteckt. Die zottigen Säugetiere sind zwar groß und mächtig, wirken aber mit ihren dunklen Augen sehr sanft. Trotzdem war ich beruhigt zu wissen, dass es sich bei den Wisenten um Vegetarier handelt, die sich in der Regel von Gras ernähren.

Wisent am Zaun Wisent-Welt

Nach und nach kamen alle acht Wisente dicht an den Zaun und trotteten dann gemütlich über die für sie erstellte, „Dachsbau“ genannte Naturbrücke. So konnte ich mehrere Fotos und Videos machen und habe mich mal wieder geärgert, keine gute Kamera zu haben. So muss ich eben mit den Handy-Fotos Vorlieb nehmen.
Die Tiere ließen sich von den menschlichen Beobachtern überhaupt nicht beeindrucken und stampften schnaubend und grasend zwischen den Fichtenstümpfen umher, die an den großen Sturm Kyrill vom Januar 2007 erinnern.

 

Die Wisent-Wildnis

ist ein Erlebnis für die ganze Familir und bewegungsintensive Kinder kommen auf ihre Kosten. Die Wahrscheinlichkeit, die Wisente zu entdecken, ist sehr hoch, und am Ende kann man sich noch gemütlich in der Wisent-Hütte niederlassen. Außerhalb des Bezahlgeländes befindet sich ein toller Kinderspielplatz mit riesiger Wasserbaustelle und vielen Kletter- und Balancier-Möglichkeiten. Alles ist naturbelassen, und sogar Gummistiefel in unterschiedlichen Größen gibt es zum kostenlosen Verleih.

Fazit:
Der Tag in der Wisent-Wildnis war wie ein Tag Urlaub, und ich komme gerne wieder!

Teile diesen Beitrag

Fünf Jahre Wisent-Wildnis in Wittgenstein

Wisent-Wildnis

Heute vor fünf Jahren, am 11. April 2013, startete ein ganz besonderes Artenschutzprojekt: die „Wisent-Wildnis“ in Wittgenstein.
Nach mehrjähriger Vorbereitungszeit wurden insgesamt acht Wisente (Europäischer Bison) in den Wäldern rund um Bad Berleburg im Rothaargebirge ausgewildert.

Das 20 Hektar große umzäunte Auswilderungsgehege wurde zu einem Schaugehege ausgebaut, in dem eine aktuell aus acht Tieren bestehende Herde lebt. Die Wittgensteiner Wisent-Wildnis zieht jährlich mehr als 30.000 Besucher an und wird von der Wisent-Welt Wittgenstein e.V. betrieben.

wisent-2415488_640

Wisente in Europa

1921 starb in Polen der letzte freilebende Wisent in Europa, 1922 waren alle freien Wildbestände erloschen, in Gefangenschaft lebten nur noch 56 reinblütige Wisente. Deutsche und polnische Zoologen taten sich zusammen, um den Wisent in Europa vor dem Aussterben zu bewahren. Daraus entstand 1928 das Wisentprojekt im Saupark Springe (südlich von Hannover). Anfangs nur als Gehege für die Wisente gedacht, trieb die Parkleitung ab den 1950er Jahren den Umbau zu einem Wildgehege für Besucher voran.

Ursprünglich gab es zwei Wisent-Unterarten: den Bergwisent und den Flachland-Wisent.
1927 hat man im Kaukasus der letzte Bergwisent erschossen, womit die Bergwisente endgültig ausstarben. Die heute lebenden Wisente sind entweder „Mischformen“ aus Berg- und Flachland-Wisent oder reine Flachland-Wisente.
In der Zucht unterscheidet man heute zwischen reinerbigen Flachland-Wisenten, einer Kreuzung aus Flachland- und Bergwisenten (Flachland-Kaukasus-Linie) und einer Kreuzung aus Flachland- und Bergwisenten mit amerikanischen Bisons (Hochland-Linie).

Die im Rothaargebirge lebenden Wisente gehören der Flachland-Kaukasus-Linie an.

Auswilderungen

1952 wurden im Gebiet des heutigen Bialowieza-Nationalparks an der polnisch-weißrussischen Grenze erstmals wieder Wisente ausgewildert. Im Jahr 2004 lebten dort 1955 Wisente in 31 Populationen und machten etwa 60% der Weltpopulation aus.

Bereits in den 1940er Jahren siedelte man eine Hybridlinie im Kaukasus an, die eine Zeitlang mit 1400 Tieren die weltgrößte Population darstellte. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion verringerte sich auch der Wisentbestand auf 240 Tiere, doch die Population wächst wieder deutlich an.

1998 hat man Wisente in der Sperrzone von Tschernobyl ausgewildert, wo sie sich nun langsam vermehren. Weitere Auswilderungen gab es 2004 in der Slowakei, 2012 in Rumänien und 2013 wurden mit den Wittgensteiner Wisenten die vorerst letzten Tiere ausgewildert (Wikipedia).

2014 schätzte man den Weltbestand an Wisenten auf 5.200 Tiere, von denen etwa zwei Drittel in freier Wildbahn oder in Großreservaten leben. Im Jahr 2009 gab es weltweit etwa 4.000 Wisente (Wikipedia).

In Brandenburg, im Schweizer Jura, in den Niederlanden, Dänemark und in Frankreich diskutieren Naturschützer und Zoologen Auswilderungen und bereiten sie teilweise bereits vor.

Wisent in Mecklenburg-Vorpommern

Die Wisent-Wildnis in Wittgenstein

Die Wittgensteiner Wisente lebten ab 2010 in einem 20 Hektar großen Auswilderungsgehege, bevor sie dann am 11. April 2013 endgültig in Freiheit entlassen wurden. Mehrere Hochschulen begleiten das Projekt wissenschaftlich.

Die Wisentgruppe bestand aus Wisentbulle Egnar, fünf Wisentkühen und zwei Jungtieren.
Im Mai und Juni 2013 kamen im Rothaargebirge die ersten frei lebenden Wisentkälber seit mehreren hundert Jahren zur Welt.
Durch weitere Geburten – aber auch Abgänge – leben derzeit 17 Tiere in den Wäldern des Rothaargebirges. Sie sind nach wie vor die einzige Wisent-Population Deutschlands, die in freier Wildbahn lebt.

Aufgrund des riesigen Areals ist es sehr unwahrscheinlich, die Tiere bei Wanderungen oder Spaziergängen anzutreffen.
Das ehemalige Auswilderungsgehege ist mittlerweile Schaugehege für eine aus acht Tieren bestehende Population, die man mit ein wenig Glück auch beobachten und fotografieren kann und die jährlich mehr als 30.000 Menschen ins Rothaargebirge lockt.

Konflikte

Wisente sind die größten und schwersten Landsäugetiere Europas.
Ausgewachsene, freilebende Bullen bringen bis zu 500 kg auf die Waage, Wisentkühe etwa 400 kg. Die Kopf-Rumpf-Länge eines Wisentbullen kann bis zu drei Metern betragen, die Widerristhöhe etwa 1,80 Meter.
Es ist klar, dass diese imposanten Tiere – vor allem als Herde – Spuren in den Wäldern hinterlassen.
Vor allem Schälschäden brachten einige Waldbauern gegen die wilden Tiere auf.
Schon mehrmals mussten sich Gerichte mit den Wisenten beschäftigen, weshalb das Wisent-Projekt immer wieder auf der Kippe steht.
Voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2018 wird vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe über die juristischen Auseinandersetzungen zwischen den privaten Waldbauern und dem Wisent-Verein als Träger entschieden.
Im Grunde geht es um die Frage, ob die Wisentgruppe als „herrenlos“ eingestuft wird und die Schäden deshalb von den Waldbauern hingenommen werden müssen.

Wer jetzt neugierig geworden ist, kann sich auf der Seite der Wisent-Welt umschauen und sein Glück im Schaugehege in Bad Berleburg versuchen.
Im vergangenen Winter wurde ein sehr sehenswertes Video veröffentlicht, in dem die frei lebende Herde eine verschneite Straße im Rothaargebirge überquert: Wisente in Südwestfalen.

Nachtrag Ende Mai 2018:
Aktuell scheint sogar der Abschuss der Wisente aus Sicht der Kläger denkbar: Waldbauern sehen Abschuss der Wisente als letztes Mittel in der Westfalenpost.

Beeindruckend, oder?

Wisent-Familie

Die Bilder sind von @pixabay und zeigen unter anderem Wisente in Mecklenburg-Vorpommern

Teile diesen Beitrag

Wisente in Südwestfalen

Egnar und sein Gefolge

Im März 2010, also vor beinahe acht Jahren, wurde mit Bulle „Egnar“ der erste Wisent im Wisent-Wald bei Bad Berleburg am Rothaarsteig angesiedelt. Ihm folgten Wisent-Kühe und weitere Bullen.
Drei Jahre später wurde die zwischenzeitlich auf acht Wisente angewachsene Herde in die Freiheit entlassen. Mittlerweile leben mehr als zehn Wisente in freier Wildbahn in den Wäldern des Sauerlandes und Wittgenstein.
Die von den ausgewilderten Wisenten bewohnte Fläche ist riesig, weshalb man den Tieren nur mit außerordentlich viel Glück begegnen kann. Umso bemerkenswerter sind dann private Filmaufnahmen wie die nachfolgende, auf der die gesamte Herde zu sehen ist.
Mit gemächlicher Ruhe und großer Erhabenheit überqueren die imposanten Tiere eine verschneite Straße. Ein beeindruckendes Dokument!
Das Video habe ich auf der Facebook-Seite der Ranger Südwestfalen entdeckt, leider ohne Quellenangabe. Trotzdem ein großes Dankeschön an den unbekannten Filmer!

Ärger um die Wisente

Das Wisent-Projekt ist teilweise sehr umstritten und stand schon mehrmals vor dem Aus.
Hintergrund sind die Fraßschäden der Tiere an den Bäumen, die den Zorn der Waldbauern auf sich ziehen und vor Gericht verhandelt werden. Außerdem soll eine Wanderin angegriffen worden sein.
Im Mai 2017 entschied das Oberlandesgericht Hamm, dass die Wisente im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes als besonders schützenswert gelten und deshalb geduldet werden müssen.

Die zweite Herde

Neben der ausgewilderten Wisent-Herde gibt es auch eine zweite, die in einem 20 Hektar großen Areal, der Wisent-Wildnis, lebt. Da diese Tiere in einem eingezäunten Gebiet leben, ist die Wahrscheinlichkeit, dort einem Wisent zu begegnen, natürlich deutlich größer.
Das Wisent-Projekt wird übrigens wissenschaftlich von mehreren Universitäten begleitet, weil es in dieser Form einmalig in Europa ist.
Wer also mal bei uns in der Region zu Besuch ist, sollte unbedingt einen Abstecher in die Wisent-Wildnis nach Bad Berleburg machen!

Teile diesen Beitrag