Vom NaNoWriMo zum Verlag

Was ist NaNoWriMo?

Heute ist der 1. November und damit beginnt für viele Schreibende der jährlich stattfindende National Novel Writing Month.
Das bedeutet nichts anderes, als dass mittlerweile mehr als 300.000 Menschen weltweit innerhalb von 30 Tagen versuchen, 50.000 Wörter eines Romanes zu schreiben. Der Roman selbst wird vermutlich länger sein, aber 50.000 Wörter in 30 Tagen sind trotzdem schon eine Hausnummer.
Der NaNoWriMo wurde 1999 von Chris Baty ins Leben gerufen, und damals nahmen lediglich 21 Menschen teil. Mittlerweile ist das Ganze deutlich professionalisiert, es gibt eine eigene Website und viele, viele Anhänger auf der ganzen Welt, die regelmäßig teilnehmen.
Es ist klar, dass der Text wirklich nur eine Rohfassung ist, aber für viele Menschen ist es ein echter Ansporn, angefangene, unterbrochene oder bisher nur im Kopf existierende Geschichten gezielt und organisiert aufzuschreiben. Die Überarbeitung und die Korrekturphasen kommen später.
Klar, das Ganze kann man auch in jedem beliebigen Monat des Jahres machen, aber gemeinsam macht es einfach mehr Spaß. Auf der Seite nanowrimo.org kann man sich Schreibbuddys suchen und kleine Wettkämpfe veranstalten, man kann sich im Forum mit Gleichgesinnten austauschen oder auch im realen Leben zum gemeinsamen Schreiben treffen. In vielen größeren Städten organisieren Teilnehmer Stammtische, und die Orga schickt regelmäßig aufmunternde und motivierende Nachrichten.
Und wer wie ich Spaß an Statistiken hat, kommt ebenfalls auf seine Kosten, denn die Wordcounts werden nach Regionen aufgeschlüsselt und man kann stündlich nachschauen, welcher Kontinent oder welcher Staat aktuell die meisten geschriebenen Wörter vorweisen kann.
Den Text an sich muss man übrigens nicht preisgeben, denn man trägt einfach seinen täglichen Wordcount ein, den man vom jeweils verwendeten Schreibprogramm zählen lässt.
Das bedeutet natürlich auch, dass man betrügen kann – aber letzten Endes betrügt man damit nur sich selbst. Man kann den NaNo zwar offiziell gewinnen, aber der einzige Gegenwert, den man erhält, ist ein deutlich angewachsenes oder endlich fertiggestelltes Manuskript. Und das ist natürlich ein toller Preis und mit nichts aufzuwiegen!

„Knochenfinder“ – vom NaNo zum Verlag

Knochenfinder
Knochenfinder

2008 habe ich das erste Mal am NaNo teilgenommen.
Damals war ich sehr aktive Geocacherin und hatte nur die grobe Idee, in einem Geocaching-Versteck Knochen zu platzieren.
Den NaNo habe ich als Ansporn genommen, die erste Fassung des Krimis zu schreiben, und ich habe mich dann tatsächlich durchgequält. Ja, es war teilweise eine Qual.
Für eine Studentin im Zweitstudium mit zwei kleinen Kindern und einem Nebenjob war es echt hart. Auch wenn ich vor Rückenschmerzen teilweise kaum noch sitzen konnte und ich in dieser Zeit vielleicht nicht gerade die fürsorglichste Mutter und aufmerksamste Partnerin war, habe ich am Ende des Monats 51.347 Wörter geschrieben.
Darauf bin ich auch heute noch stolz, weil es wirklich ein Knochenjob war.
Aber es hat sich gelohnt!

Das Mentoring-Programm der Mörderischen Schwestern

Natürlich war der Text noch relativ unreif, denn es war das erste Mal, dass ich eine angefangene Geschichte auch tatsächlich zu Ende geschrieben habe.
Also habe ich das Manuskript überarbeitet. Und noch mal überarbeitet. Ich hatte Hilfe von einer Krimiautorin aus der Schweiz: Sabina Altermatt, die mich als Mentee unter ihre Fittiche nahm.
Das bedeutete auch, dass ich vieles noch einmal ändern musste; ich hatte damals zum Beispiel noch Schwierigkeiten mit der Erzählperspektive. Gleichzeitig tat es gut, mit einer erfahrenden Autorin am Text zu arbeiten und die individuellen Macken kennen zu lernen und auszubügeln.

Ein Artist-in-residence-Stipendium im Künstlerdorf Schöppingen

Ein paar Monate später war ich mit dem Manuskript soweit zufrieden, dass ich mich damit für ein Stipendium bewarb. Welcher Teufel mich damals geritten hat, weiß ich nicht, aber es war verdammt gut. Denn ich erhielt eines der seltenen und begehrten Aufenthaltsstipendien im Künstlerdorf Schöppingen im Münsterland.
Zwei Monate lang konnte ich fernab von meinen üblichen Pflichten als Studentin-Mutter-Sozialpädagogin an meinem Manuskript arbeiten. Dazu bewohnte ich ein Ein-Zimmer-Apartment mit Selbstversorgung, und zeitgleich mit mir waren mehrere andere Künstler aus dem In- und Ausland dort: Schriftsteller, bildende Künstler, Maler, Zeichner, …
Es war eine wirklich tolle und lehrreiche Zeit, an die ich gern zurückdenke.

Der Agenturvertrag

Mit einem guten Manuskript, einer noch relativ neuen Idee und einer tollen Auszeichnung im Gepäck ging ich dann auf Agentursuche.
Noch Monate zuvor hatte ich davon geträumt, vielleicht einmal irgendwann in einem kleinen Verlag veröffentlichen zu können.
Doch irgendwann fühlte ich mich mutig genug, einen anderen Weg einzuschlagen: Nicht von unten nach oben hocharbeiten, sondern erstmal „oben“ anzuklopfen und sich dann nach „unten“ weiterzuarbeiten.
Zu meiner größten Verwunderung ging es dann ganz schnell. Kaum waren die Bewerbungsunterlagen abgeschickt, kam auch schon die Anfrage meiner Wunschagentur. So dauerte es nur wenige Tage, bis ich nach dem Abschicken meiner Bewerbung den Agenturvertrag unterschreiben konnte. In der Zwischenzeit hatte sich auch noch eine andere Agentur gemeldet, aber da war meine Wunschagentur einfach schneller. Und ich habe nie bereut, so schnell zugeschlagen und nicht gezögert zu haben.

Der Weg in den Verlag

Nun war ich zwar bei einer renommierten Agentur unter Vertrag, aber das war nur ein Schritt von vielen, um meine „Knochenfinder“ bei einem Verlag unterzubringen.
Vor der Verlagsreise lag nämlich eine mehrmonatige Zeit der erneuten Überarbeitung (ich weiß schon gar nicht mehr, die wievielte. Die siebte vielleicht?). Meine Agentin ging mit mir das Manuskript durch, wies mich auf Ungereimtheiten hin, gab mir Tipps, um die Spannung zu erhöhen und ließ nicht locker, bis sie den Text endlich gut genug fand für die Verlagssuche.
Der NaNo 2008 lag mittlerweile schon mehr als eineinhalb Jahre zurück, und endlich war es soweit: Das Manuskript wurde bei mehreren Verlagen eingereicht.
Auch hier ging es wieder recht flott, denn nach weniger als zwei Wochen war klar, dass ich bei Bastei Lübbe unterschreiben werde.
Man ahnt schon, was jetzt kommt: Überarbeitungen … :)
Meine Verlagslektorin gab mir noch ein paar Tipps für die Figurenentwicklung und den Spannungsbogen, und nachdem ich diese eingearbeitet hatte, ging der Text ins Außenlektorat. Mein Außenlektor arbeitete sehr detailliert mit mir am Text und war überhaupt der Erste, der sich mit meiner Sprache an sich beschäftigte.
Ich weiß, dass unter vielen angehenden  Autoren die Angst kursiert, ein Lektor würde zu sehr in den Text eingreifen oder gar die eigene Sprache verändern. Diese Angst ist in meinen Augen unnötig, denn die Lektoren schauen dorthin, wo wir unsere blinden Flecken haben. Wie viel man dann letztlich vom Lektor annimmt oder nicht, entscheidet man, wenn es soweit ist. Aber ein Lektorat tut immer gut, zumindest in den großen Verlagen.

Lizenzen – Bertelsmann-Club und Audible

Das Schöne an der Zusammenarbeit mit einem Verlag beziehungsweise einer Agentur: Um manche Dinge muss man sich überhaupt nicht kümmern.
Dazu gehören auch Lizenzverträge.
Im Sommer erschien „Knochenfinder“ als Club-Lizenz bei Bertelsmann. Eine Club-Lizenz bekam nicht jedes Buch und war deshalb immer besonders schön, denn auf diese Weise konnte man neue LeserInnen erreichen und musste sich keinerlei Gedanken um Werbung machen. Außerdem bekamen die Bücher neue Cover.
Leider hat Bertelsmann seinen Buchclub Ende 2015 eingestellt, denn für uns Autoren bedeutete eine Club-Lizenz immer auch ein kleines Zubrot.
Für „Knochenfinder“ war außerdem eine italienische Lizenz im Gespräch, aber das hat sich wieder zerschlagen. Ich hätte es jedenfalls ziemlich witzig gefunden, mein Buch in einer Fremdsprache zu sehen, die ich selbst überhaupt nicht beherrsche. Ich hätte jedenfalls keine Möglichkeit gehabt, den Inhalt zu überprüfen. Aber Spaß gemacht hätte es ganz bestimmt, ein paar witzige Übersetzungen inklusive.
Für alle, die Geschichten lieber hören als lesen, gibt es „Knochenfinder“ nach wie vor bei Audible als Hörbuch-Download. Vera Teltz hat das Hörbuch eingelesen, was mich ziemlich stolz macht – immerhin hat sie eine ganz beachtliche Liste von Synchronisationen und Hörbüchern vorzuweisen (zum Beispiel „Lost“ und „Pirates of the Caribbean“, aber auch Sebastian Fitzek).

Entdeckt! – der Amazon-Autorenpreis

Am 07. April 2012 erschien dann endlich mein Debüt-Roman „Knochenfinder“ und machte sich ganz gut auf dem Markt. Schon nach fünf Wochen ging er in die zweite Auflage, und ich bekam die ersten Anfragen zu Lesungen, auch weit über das Siegerland hinaus.
Zu dieser Zeit rief Amazon den Entdeckt! – Autorenpreis aus, um auf neue deutschsprachige Talente aufmerksam zu machen. „Knochenfinder“ hat es im ersten Durchgang des Preises geschafft, Sieger im dritten Quartal zu werden. Für die Gesamtwertung hat es nicht ganz gereicht, da wurde mein Buch „nur“ Zweiter.
Mittlerweile wird der Preis nicht mehr verliehen, aber für mich war es eine weitere tolle Auszeichnung und eine zusätzliche Motivation, weiterzumachen.

„Knochenfinder“ heute

Kuckucksbrut
2. Fall Natascha Krüger

Mittlerweile sind ein paar Jahre ins Land gegangen, und mit „Kuckucksbrut“ gab es 2015 den Nachfolger von „Knochenfinder“.
„Knochenfinder“ ist inzwischen vom Markt genommen, denn der Buchmarkt ist wahnsinnig schnelllebig. Manche Bücher halten sich nur ein Jahr oder weniger, mein Debüt-Roman war immerhin fünf Jahre lang auf dem Markt.
Aber das ist für mich überhaupt kein Grund, den Kopf hängen zu lassen. Im Laufe des kommenden Jahres, also 2018, wird „Knochenfinder“ überarbeitet und mit neuem Cover versehen wiederveröffentlicht.
Ihr dürft euch also freuen!

Auf zu neuen Taten!

Ihr seht also, dass es sich durchaus lohnt, sich für ein Herzensprojekt einzusetzen und viel Arbeit zu investieren. Und aus einem einfachen NaNoWriMo-Projekt kann durchaus ein sehr erfolgreicher Roman entstehen, wenn man bereit ist, an sich zu arbeiten und Kritik und Hilfe anzunehmen.
Mittlerweile schreibe ich hauptberuflich und „brauche“ im Grunde keinen NaNoWriMo, um einen Roman zu schreiben. Trotzdem nehme ich noch einmal teil, weil ich daran glaube, dass es gemeinsam mehr Spaß macht. Außerdem hoffe ich, vielleicht ein bisschen weniger Zeit im Internet zu verschwenden, wenn meine Schreibbuddys schon ein paar Tausend Wörter mehr haben als ich.
Mal schauen, wie mein Bericht in vier Wochen aussehen wird!

Ich freue mich übrigens auf weitere Buddys!

PS: Dieser Beitrag ist 1608 Wörter lang. Um den NaNoWriMo zu gewinnen, muss ich also jeden Tag einen Text in etwa dieser Länge schreiben. Jeden Tag, auch am Wochenende oder wenn ich krank bin!

Teile diesen Beitrag

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert