Siegen für InSIder – Wenn sich die Erde auftut

Gänge unter der Siegerlandhalle

In meinem letzten Beitrag über Siegen habe ich euch ja schon ein altes Bild der Siegerlandhalle gezeigt.
Zum Glück wurde sie in den Jahren 2006 und 2007 umfassend renoviert, sodass sie jetzt nicht nur moderner aussieht, sondern auch haltbarer ist. Ja, genau: haltbar.
Im Oktober 2003 wollte der Radiosender EinsLive ein Geheimkonzert der Metalband P.O.D. in dem alten Schätzchen an der Koblenzer Straße veranstalten. Doch zum Konzert kam es erst gar nicht, weil nämlich schon beim Soundcheck die Deckenkonstruktion einstürzte. Klingt gefährlich, war es auch. Zum Glück gab es keine Verletzten, und das Konzert wurde kurzerhand nach Oberhausen verlegt.
Aber auch Nena brachte die Decke schon in den 1980ern zum Einsturz, genau wie die Rockgruppe Saxon. Die alte Siegerlandhalle war also für laute Bands eher ungeeignet. Das erklärt vielleicht auch, warum hier häufig Schlagerbands und Volksmusikgruppen Halt machen. Oder?

Das Siegener Loch

Aber auch der Untergrund der Siegerlandhalle ist weniger stabil, als man vielleicht glauben möchte.
Im Siegerland wurde bis 1965 Eisenerz abgebaut. Davon zeugen nicht nur die Namen verschiedener Stadtgebiete wie etwa „Hammerhütte“ (wozu auch die Siegerlandhalle gehört) oder das alte Hüttental, sondern auch ein weit verzweigtes Netz unterirdischer Stollen. Zum Thema Bergbau werde ich noch häufiger etwas schreiben, denn mit diesem Teil der Geschichte des Siegerlandes habe ich mich intensiv beschäftigt.
Die Siegerlandhalle steht am Fuße des Rosterberges, der 2004 auch überregional in die Schlagzeilen geriet. Bis 1879 wurde dort in der Grube „Hohe Grethe“ Eisenerz und Kupfer abgebaut, entsprechend löchrig ist auch der Untergrund. Im Februar 2004 brach in der Gläserstraße plötzlich eine Hausecke ab und verschwand im später so genannten „Siegener Loch“. Mehr als 100 Menschen mussten vorübergehend ihre Häuser verlassen, und das Bergamt Recklinghausen begann, das Loch mit insgesamt 1.000 Kubikmetern Beton zu verfüllen.
In der Mediathek des WDR gibt es einen interessanten fünfminütigen Bericht über das Siegener Loch und die Folgen, die auch heute noch sichtbar sind: „So war’s: 10 Jahre Siegener Loch“.
In der Folge untersuchte man den gesamten Untergrund und konnte zumindest für das auf der Kuppe gelegene Jung Stilling-Krankenhaus Entwarnung geben.

Anders die Siegerlandhalle: Hier verliefen die Stollen teilweise nur zweieinhalb Meter unterhalb des Parkplatzes. Das ist nicht viel, wenn man bedenkt, welche Last auf den Stollendecken liegt. Die dortigen Stollen wurden zwar zügig aufgefüllt, aber so ganz überraschend kann der Befund nicht gewesen sein, denn schon 1981 gab es hier einen Tagesbruch.
Ob es einen Zusammenhang mit dem Konzert von Nena gibt, konnte ich leider nicht herausfinden. ;)

Spätfolgen des Bergbaus

Das Siegener Loch ist übrigens nicht der erste Tagesbruch in der Gläserstraße, denn an gleicher Stelle öffnete sich im April 1965 schon einmal die Erde. Auch 2008 und 2011 rutschten Garageneinfahrten und Terrassen am Rosterberg ab.
„Schöner Wohnen“ fühlt sich anders an.
Doch die Tagesbrüche finden und fanden natürlich nicht nur am Rosterberg statt, denn das Siegerland ist ähnlich löchrig wie das Ruhrgebiet. Hier ist es vielleicht sogar noch schlimmer, denn nicht alles wurde kartographiert, und in vorindustrieller Zeit wurde eben überall dort gebuddelt, wo sich Erzgänge befanden. Um Spätfolgen hat sich damals vermutlich niemand Gedanken gemacht.
Hier findet sich eine Chronik der größeren Bergschäden in der Region, denn auch Wilnsdorf, Neunkirchen und Freudenberg hatten ihre Tagesbrüche. Aber das ist vermutlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, denn wer weiß schon, wie viele Kartoffeläcker, Pferdeweiden und Waldstücke im Laufe der Jahre abgesackt sind.

Ein Tipp also für Hauskäufer in der Region:
Nicht nur die Größe eines Grundstückes in Länge und Breite ist wichtig, sondern auch die Tiefe desselben …

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4 thoughts on “Siegen für InSIder – Wenn sich die Erde auftut

  1. Hallo, Sie schreiben über Stollen in Siegen. Im 2. Weltkrieg wohnte ich in der Winchenbach, heute Mörikestr. 6. Wir mussten bei Fliegeralarm in den Stollen, der Anfang der Uhlandstrasse unter dem – wir sagten „Hitzewäldchen“ zudem dem Berg – liegt. Gibt es diesen Stollen noch?

    Mit freundlichen Grüßen
    Waltraud Kleffmann (geb. Christ)

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